Antworten Pflege und Unterhalt

Fragen und Antworten "Pflege und Unterhalt"

Johann G.: „Meine Mutter ist 91 Jahre alt, nicht mehr geschäftsfähig und wird seit Jahren in einem Seniorenheim betreut. Zur künftigen Finanzierung des Aufenthalts ist Sozialhilfe beantragt. Die Behörde verlangt die Veräußerung des Anteils eines Grundstücks, dessen Hälfte meiner Mutter gehört, der Rest meinem Bruder und mir. Im Testament ist verfügt, dass Mutters Anteil mir zufallen soll als Ausgleich für frühere Benachteiligung. Es handelt sich um eine verpachtete, landwirtschaftlich genutzte Wiese von ca. 0,23 ha. Der Bodenrichtwert beträgt Iaut Gemeindeverwaltung derzeit elf Euro/m2. Die Vollmacht für mich und meinen Bruder enthält keine Bevollmächtigung für Vermögens- und Grundstücksgeschäfte. Da ich auf die Übertragung des Teilgrundstücks Wert lege, könnte ich es kaufen. Wer kann als Veräußerer tätig werden? Wird ein „Freundschaftspreis unter Verwandten“ von der Sozialbehörde akzeptiert? Kann ich das Teilgrundstück als „vorweggenommenes Erbe“ als Schenkung erhalten und anschließend den Wert der Sozialbehörde zur Verfügung stellen? Wer kann als „Schenkender“ aktiv werden, und wie wird der Wert ermittelt?“


Markus Kühn: Da Sie und Ihr Bruder keine öffentlich beglaubigte (Vorsorge-)Vollmacht haben, die zu Grundstücksverkäufen berechtigt, müsste vom Betreuungsgericht ein Betreuer für die Abwicklung des Verkaufs bestellt werden. Dieser muss dem Gericht ein Verkehrswertgutachten für das Grundstück vorlegen und das Gericht muss den Verkauf genehmigen. Ein „Freundschaftspreis“ wird dabei nicht akzeptiert werden. Auch der Sozialhilfeträger würde keinen marktunüblichen Preis akzeptieren. Denn Sozialhilfe soll ja nur bekommen, wer nicht in der Lage ist, aus eigenen Mitteln seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Der Steuerzahler soll nicht dafür einspringen, wenn Vermögen verschenkt wurde. Das wäre aber bei einem Verkauf unter dem Verkehrswert der Fall. Die Sozialbehörde könnte den Teil des Kaufpreises, der als Schenkung anzusehen wäre, von Ihnen fordern beziehungsweise den gesetzlichen Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers (also Ihrer Mutter) auf sich überleiten. Stattdessen könnten Sie versuchen, mit einem vom Gericht einzusetzenden Betreuer Ihrer Mutter den Kauf des Grundstücks zum Verkehrswert durchzuführen. Den Antrag auf Betreuerbestellung können auch Sie stellen. Alternativ könnten Sie natürlich auch die Kosten im Seniorenheim für Ihre Mutter übernehmen und das Grundstück später im Erbfall wie testamentarisch verfügt erhalten.

 

Stefan E.: "Unsere Tochter, 62 und alleinstehend, besitzt eine Wohnung im Wert von 120.000 Euro. Sie hat vier Kinder. Nun möchte sie die Wohnung dem ältesten Sohn überlassen. Die Tochter selbst ist Rentnerin und leidet an mehreren Krankheiten. Falls sie eines Tages in ein Heim müsste, inwieweit muss dann der Sohn für die Mutter aufkommen? Oder trifft alle Kinder die Unterhaltsforderung?"


Markus Kühn: Einem Schenker soll es nach vollzogener Schenkung möglich sein, seinen angemessenen Unterhalt selbst zu bestreiten, ohne der Allgemeinheit zur Last zu fallen. Deshalb steht ihm ein Anspruch auf Herausgabe des Geschenks zu, sobald und soweit er es zur Unterhaltssicherung benötigt. Diesen Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers können die Sozialhilfeträger auf sich überleiten (sog. Sozialhilferegress). Die Verjährungsfrist für die Rückforderung beträgt bei geschenkten Immobilien zehn Jahre. Wenn Ihre Tochter in ein Pflegeheim müsste, und dies nicht mehr zahlen könnte, würde der Sozialhilfeträger primär den Rückforderungsanspruch für die geschenkte Wohnung auf sich überleiten und gegenüber dem ältesten Sohn geltend machen. Sofern der Anspruch verjährt wäre, träfe grundsätzlich alle Kinder die Unterhaltspflicht für die Mutter. Allerdings müssen Kinder seit Januar 2020 erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro zum Unterhalt der Eltern beitragen.

 

Thomas P.: "Ein Ehepartner erkrankt und eines seiner Kinder wird Betreuer für alle Aufgabenkreise. Dem anderen Kind wird auf Nachfrage stets versichert, es wäre alles in Ordnung. Nach dem Tod des nicht-betreuten Ehepartners nehmen der verbliebene Ehepartner sowie das nicht betreuende Kind das Erbe an, das andere Kind schlägt aus. Im Zuge der Abwicklung des Erbes zeigt sich, dass es während der Betreuung zu diversen Missständen kam. So haben das betreuende Kind und der verstorbene Ehepartner z.B. die Miete für den Laden im Haus der betreuten Person (Alleineigentümer des Mietshauses) mehrfach ohne Zustimmung des Betreuungsgerichts gekürzt und fehlende Mieten wurden auch nicht angemahnt. Da das Kind, welches das Erbe angenommen hat (Erbteil ½) ja für die Schulden des Erblassers in Höhe des Erbteils aufkommen muss, stellt sich hier die Frage, inwiefern dies auch für die Mietschulden, die ja durch eine Pflichtverletzung des betreuenden Kindes (kein vom Betreuungsgericht genehmigter Änderungsvertrag, keine Mahnung) entstanden sind, gilt? Der entstandene Schaden beträgt mehrere Zehntausend Euro. Das betreuende Kind hatte dem verstorbenen Ehepartner sogar eine Kontovollmacht über das Konto des zu betreuenden Ehepartners erteilt, wodurch es zu unrechtmäßigen Abhebungen kam. Inwiefern steht der Betreuer hierfür gerade bzw. inwiefern steht er in der Haftung? Greift hier der § 1883 BGB?"


Markus Kühn: Ein Betreuer haftet für jeden von ihm schuldhaft verursachten Schaden gemäß den §§ 1908i Abs. 1, 1833 BGB (letzteren meinen Sie vermutlich, § 1883 BGB gibt es schon seit vielen Jahren nicht mehr). Pflichtwidrig handelt der Betreuer, wenn sein Verhalten eine Verletzung der Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter Führung der Betreuung darstellt. Beispielsweise ist er nicht zu Schenkungen berechtigt, es sei denn, dass durch diese einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird. Eine unberechtigte Mietminderung oder das Unterlassen der Geltendmachung von Ansprüchen des Betreuten dürfte als Pflichtverletzung einzustufen sein, für die der Betreuer haften muss. Gegen Haftungsansprüche kann sich ein ehrenamtlicher Betreuer auf Kosten des Betreuten versichern. Das Betreuungsgericht kann den Betreuer auch verpflichten, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen (§ 1837 Abs. 2 BGB). In den meisten Bundesländern sind ehrenamtliche Betreuer auch im Rahmen einer Sammelhaftpflichtversicherung versichert (meist für Vermögensschäden zwischen 25.000 und 100.000 Euro).

 

Hilde A.: "Wenn das Sozialamt Unterhaltshilfe leistet, müssen Abkömmlinge des Bedürftigen ja mit einem Unterhaltsrückgriff rechnen. Meines Wissens geschieht das, wenn das Einkommen der Abkömmlinge 100.000 Euro im Jahr übersteigt. Was ist mit Immobilienbesitz? Wenn das Haus dem eigenen Wohnen und gewerblicher Nutzung dient und zum Teil vermietet ist? Wie verhält es sich, wenn die Immobilie im Besitz mehrere Abkömmlinge ist?"


Markus Kühn: Ältere Personen, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen bestreiten können, können Grundsicherung im Alter erhalten. Der Anspruch auf Grundsicherung ist ausgeschlossen, wenn das jährliche Bruttoeinkommen der unterhaltspflichtigen Kinder mehr als 100.000 Euro beträgt. Die Grundsicherung müssen die Kinder nicht an den Staat zurückzahlen.

Wenn ein Elternteil ins Pflegeheim kommt, springt zunächst der Sozialhilfeträger ein und fordert das Geld von den unterhaltspflichtigen Kindern im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit zurück. Reicht das bereinigte Einkommen (dazu zählen unter anderem auch Mieteinkünfte) eines unterhaltspflichtigen Kindes nicht aus, um den geforderten Unterhalt zu leisten, prüft das Sozialamt, ob es über Vermögen verfügt, das es für den Unterhalt einsetzen muss. Mehrere unterhaltspflichtige Kinder haften ihren Eltern entsprechend ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse als Teilschuldner. Eine selbstgenutzte Immobilie in angemessener Größe muss weder durch Vermietung oder durch Veräußerung verwertet werden, noch als Sicherheit für aufzunehmende Kredite belastet werden. Einkommenserhöhend wird nur der Wohnvorteil berücksichtigt, soweit er die Aufwendungen für das Wohnen in Gestalt von Betriebs- und sonstigen Nebenkosten, Annuitäten für bestehende Hauskredite, etc. übersteigt. Das gilt auch, wenn das Kind nur Miteigentümer einer Immobilie ist. Liegt keine regelmäßige Selbstnutzung vor, erfolgt sie beispielsweise wie bei Ferien- und Auslandsimmobilien nur sporadisch, greift die Privilegierung selbstgenutzten Immobilieneigentums nicht und die Immobilie muss gegebenenfalls verwertet werden. Vermietete Immobilien müssen eingesetzt werden, wenn sie nicht zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts des Unterhaltspflichtigen oder vorrangiger Unterhaltsberechtigter (z.B. eigener Kinder) dienen. Wird die Immobilie dagegen zur Sicherung der eigenen Altersversorgung benötigt, kann auch die fremd genutzte Immobilie Altersvorsorge- und damit Schonvermögen darstellen.

 

Erika B.: "Wir haben unser Haus an einen unserer Söhne überschrieben (mit Nießbrauchrecht für meinen Mann und mich) und seinerzeit auch eine notarielle Vorsorgevollmacht erstellt. Nun ist unser Sohn verstorben, er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder. Laut Testament ist die Schwiegertochter die alleinige Erbin. Meine Frage: Geht die Wart-und Pflegeverpflichtung automatisch an unsere Schwiegertochter über oder muss das neu geregelt werden? Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu unserer Schwiegertochter, möchten aber die rechtliche Lage klären."


Markus Kühn: Die vertraglichen Wart- und Pflegeverpflichtungen könnten als Nachlassverbindlichkeiten auf die Frau und Erbin Ihres Sohnes übergegangen sein, wenn es sich nicht um eine von Ihrem Sohn höchstpersönlich zu erbringende Verpflichtung handelte. Umfang und Inhalt einer in einem Überlassungsvertrag enthaltenen Pflegeverpflichtung richten sich grundsätzlich nach den dort getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Fehlt eine ausdrückliche Regelung, ist durch Auslegung des Vertrags unter Berücksichtigung des objektiven Normumfelds zu ermitteln, ob die Pflegeverpflichtung eine höchstpersönliche Verpflichtung des Schuldners ist. Während die überwiegende Literatur eine Pflegeverpflichtung regelmäßig als höchstpersönlich ansieht, ist die Rechtsprechung hier grundsätzlich anderer Meinung. Nach Ansicht des BGH sind die in einem Altenteilsvertrag übernommenen Pflegeverpflichtungen grundsätzlich nicht höchstpersönlicher Natur, können also im Zweifel jederzeit auch durch Dritte erfüllt werden. Zum Beispiel hat auch das LG Düsseldorf entschieden, dass der Ehemann der verstorbenen Tochter der Übergeberin im Wege der Erbfolge in die Pflegeverpflichtung seiner verstorbenen Ehefrau eingetreten sei. Es ist also grundsätzlich möglich, dass Ihre Schwiegertochter die Wart- und Pflegeverpflichtung ihres Mannes übernommen hat. Entscheidend sind aber immer die Auslegung des individuellen Überlassungsvertrags und die Begleitumstände. Selbstverständlich können Sie auch jederzeit mit Ihrer Schwiegertochter eine neue Regelung treffen.

 

Adolf S.: "Meine Frau und ich, beide 77 Jahre alt, besitzen eine Eigentumswohnung im Wert von ca. 150.000 Euro. Wir haben ein Berliner Testament, in dem wir uns gegenseitig als Erben einsetzten. Als Nacherben sollen unsere Tochter und der Sohn je zur Hälfte erben. Da die Tochter weit entfernt wohnt und ein eigenes Haus besitzt (es sind noch Kredite dafür zu bezahlen), der Sohn aber nach unserem Ableben gerne in unsere Wohnung einziehen möchte, haben wir folgendes überlegt: Wir würden bereits jetzt die Wohnung dem Sohn überschreiben, mit der Maßgabe seiner Schwester den Anteil auszubezahlen und ein Wohnrecht für uns einzutragen. Der Sohn wäre bereit einen Kredit zur Ausbezahlung seiner Schwester aufzunehmen. Die Frage ist, wie sieht es dann aus, falls wir eines Tages ins Pflegeheim müssten und Rente und Pflegeversicherung nicht reicht? Müssten die Kinder dann das Geld zurückzahlen bzw das Haus eventuell verkauft werden."


Markus Kühn: Vorab folgende Empfehlung: Grundsätzlich sollte man lebzeitig nur Vermögen weggeben, wenn man sicher ist, dass man dieses nicht mehr braucht. Wenn Sie Ihrem Sohn die Wohnung unter Vorbehalt eines Wohnrechts schenken, können Sie nicht mehr selbst darüber verfügen, Sie dürfen lediglich noch darin wohnen. Würden Sie dann aufgrund eines Pflegefalls finanziell bedürftig werden, würde grundsätzlich zunächst das Sozialamt die Kosten des Pflegeheims vorstrecken. Der Sozialhilfeträger wird aber dann den gesetzlichen Rückforderungsanspruch, der einem Schenker zusteht, wenn er innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung verarmt, auf sich überleiten und die Schenkung vom Beschenkten zurückfordern. Dieser kann der Herausgabepflicht dadurch entgehen, dass er dem bedürftig gewordenen Schenker einen angemessenen Unterhalt zahlt. In der von Ihnen angedachten Lösung läge nur eine sogenannte gemischte Schenkung vor, da Ihr Sohn ja auch eine Gegenleistung in Form der Abstandszahlung an die Tochter erbringen würde. Der Sozialhilfeträger könnte mit dem Herausgabeanspruch daher nur Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen Wert der Wohnung und Gegenleistung verlangen.

Grundsätzlich sind Ihre Kinder unabhängig von der Schenkung immer für Sie unterhaltspflichtig, wenn Sie und Ihre Frau außerstande sind, sich selbst zu unterhalten. In welcher Höhe jedes Kind für den Unterhalt herangezogen werden kann, bestimmt sich nach der Leistungsfähigkeit jedes Kindes, also insbesondere danach, wie hoch dessen Einkommen und Vermögen ist und ob es eigene Unterhaltsverpflichtungen, zum Beispiel gegenüber Ehegatten und Abkömmlingen, hat.

 

Günther B.: "Meine Frau und ich haben uns gegenseitig mit einer Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus ausgestattet. Damit können wir laut Betreuungsstelle vom Landratsamt zu Lebzeiten des anderen Immobiliengeschäfte tätigen, aber keine Darlehen aufnehmen. Gilt das auch für Umschreibungen im Grundbuch. Ich habe auch gelesen, dass ein Vorsorgebevollmächtigter über den Tod hinaus Immobiliengeschäfte für den Erben ohne Erbschein tätigen kann. Gilt das auch fürs Grundbuch? Wie ist die Rechtslage beim Berliner Testament?"


Markus Kühn: Eine Vollmacht zum Abschluss eines formbedürftigen Vertrages über Grundstücke bedarf gegenüber dem Grundbuchamt der Form des § 29 Grundbuchordnung, also der öffentlichen Beurkundung oder Beglaubigung. War die Beglaubigung einer Vorsorgevollmacht früher Notaren vorbehalten, kann diese jetzt auch durch die Urkundsperson bei der Betreuungsstelle erfolgen. Mit entsprechend beglaubigten Vollmachten können auch Eintragungen in das Grundbuch nach § 29 GBO veranlasst werden.

Gilt die Vorsorgevollmacht eindeutig auch über den Tod hinaus, kann der Bevollmächtigte grundsätzlich auch nach dem Tod des Vollmachtgebers Immobiliengeschäfte tätigen und die zuvor beschriebenen Eintragungen im Grundbuch veranlassen, solange die Erben die Vollmacht nicht widerrufen haben. Allerdings melden Grundbuchämter teilweise Bedenken an der Vornahme beantragter Eintragungen an und fordern einen Erbschein zum Nachweis der Berechtigung. Nach teilweise vertretener Meinung sei die Vollmacht erloschen, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe sei. Ein Geschäftspartner des Bevollmächtigten darf auch nach dem Tod des Vollmachtgebers grundsätzlich auf die Wirksamkeit der Vollmacht vertrauen, solange er keine andere Kenntnis hat und der Bevollmächtigte die Vollmacht vorlegt. Gegebenenfalls können aber die Erben Schadensersatzansprüche gegen den Bevollmächtigten haben, wenn er sich bei der Ausübung seiner Vollmacht außerhalb dessen bewegt, was im Vertrag zwischen ihm und dem Vollmachtgeber, dem sogenannten Innenverhältnis, vereinbart war. Worauf Sie mit Ihrer Frage zum Berliner Testament abstellen, ist mir nicht ganz klar. Wenn Sie und Ihre Frau sich gegenseitig mittels eines solchen Testaments zum jeweiligen Alleinerben des anderen eingesetzt haben, kann der Längerlebende als Erbe auch über Grundstücke verfügen. Teilweise verlangen Grundbuchämter – wie oben ausgeführt – einen Erbschein statt einer transmortalen Vollmacht.

 

Kristina U.: "Meine angeheiratete Tante ist verwitwet und kinderlos. Sie hat vor fünf Jahren notariell ein Testament errichtet sowie eine Vorsorgevollmacht auf meinen Namen ausgestellt. Laut dem Testament soll ich zusammen mit zwei Cousinen ihr Barvermögen zu gleichen Teilen erben. Ihre Eigentumswohnung (100 Quadratmeter) soll ich allein bekommen, weil ich sie die letzten zehn Jahre betreut habe. Die Tante ist jetzt 90 Jahre alt und seit zehn Monaten ein Pflegefall. Seit sechs Monaten ist sie in einem Pflegeheim, sie ist nicht mehr geschäftsfähig. Ich möchte nun ihre Wohnung wieder vermieten, wobei ich die Miete selbstverständlich aufs Girokonto meiner Tante überweisen würde. Für das Pflegeheim reicht ihre Rente. Bevor ich die Wohnung vermieten kann, muss sie saniert werden. Dazu müsste ich die Ersparnisse meiner Tante angreifen, wodurch sich das Barvermögen reduzieren würde, das ich zusammen mit den Cousinen erben werde. Muss ich den Fehlbetrag dann erstatten? Die eingehende Miete würde ja auch allen drei Erben zugute kommen."


Markus Kühn: Sofern Ihre Vorsorgevollmacht auch den Bereich der Vermögensangelegenheiten Ihrer Tante umfasst, wovon ich hier ausgehe, können Sie die angesprochenen Maßnahmen im Außenverhältnis grundsätzlich wirksam durchführen. Vor dem Tod Ihrer Tanten haben die zukünftigen Erben keinen Anspruch darauf, dass das Barvermögen möglichst nicht angetastet wird, damit sie mehr erben. Zu ihren Lebzeiten kann die zukünftige Erblasserin, vertreten durch Sie, mit Ihrem Vermögen grundsätzlich machen, was sie will.

Möglicherweise könnten hier die Cousinen als Erben und Rechtsnachfolger der Tante aber nach deren Tod mit Auskunfts-, Rechnungslegungs- und gegebenenfalls Schadensersatzansprüchen gegen Sie vorgehen. Denn bei einer Vorsorgevollmacht ist immer das Außen- und Innenverhältnis zu unterscheiden. Im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten und im allgemeinen Rechtsverkehr, können Sie als Vorsorgebevollmächtigte grundsätzlich alle Geschäfte rechtswirksam abschließen. Ob Sie damit auch im Verhältnis zum Vollmachtgeber noch in dem Rahmen bleiben, den sich dieser vorstellte, richtet sich nach dem sogenannten Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem.

Überschreitet ein Bevollmächtigter seine Befugnisse aus dem Innenverhältnis, kommen Schadensersatzansprüche des Vollmachtgebers - oder, nach seinem Tod, seiner Erben - in Betracht. Wurden – wie häufig – keine expliziten Regelungen im Innenverhältnis der Vorsorgevollmacht getroffen, richten sich die Befugnisse des Bevollmächtigten grundsätzlich - es sind aber immer die Umstände des Einzelfalls entscheidend - nach Auftragsrecht bzw. den Grundsätzen über eine Geschäftsführung ohne Auftrag. Nach diesen Grundsätzen ist ein Geschäft so zu führen, wie es das wirkliche oder mutmaßliche Interesse des Geschäftsherrn, hier Ihrer Tante, erfordert. Entspricht es nicht dem mutmaßlichen Interesse, kommen Schadensersatzansprüche und Ansprüche auf Herausgabe der Vorteile, die der Beauftragte erlangt hat, in Betracht. Hier ist Ihre Tante schon sehr alt und die Sanierung der Wohnung käme auch Ihnen als zukünftige Eigentümerin der Wohnung zugute. Andererseits kann eine Vermietung und Erzielung von Mieterträgen für die Tante durchaus Sinn machen, wenn Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Ich kann Ihnen hier mangels Detailkenntnisse keine abschließende Antwort geben. Sie sollten auf jeden Fall über alle Geschäfte, die Sie für Ihre Tante führen, penibel Buch führen.

 

Erna S.: "Ich lebe seit 12 Jahren von meinem Ehemann getrennt, aber wir sind nicht geschieden. Während unserer Ehe kauften wir eine Eigentumswohnung, aus deren Mieteinnahmen wir eine Zusatzversorgung zur Rente planten. Wir haben die Wohnung auch nach unserer Trennung in Form einer Grundstücksgemeinschaft als gemeinsame Altersvorsorge behalten. Nun sind wir beide in Rente und jeder hat für sich einen Vermögensverwalter und einen Betreuer im Falle der Demenz und der Pflegenotwendigkeit festgelegt. Meine Frage an die Redaktion ist, ob im Pflegefall eines Mitglieds der Grundstücksgemeinschaft die Betreuer gezwungen werden könnten, die vermietete Wohnung zum Deckungsausgleich der Pflegekosten zu verkaufen, bzw. die Kosten aus den Mieteinnahmen zu decken. Das würde dann bedeuten, dass auch der getrennt lebende Ehepartner von seiner Altersvorsorge aus Mieteinnahmen der vermieteten Wohnung ausgeschlossen wäre."


Markus Kühn: Wenn Sie und Ihr Ehemann gemeinsam Eigentümer der Wohnung sind, können Sie grundsätzlich nur gemeinschaftlich über die Verwaltung der Wohnung entscheiden und müssen beide einem Verkauf der Wohnung zustimmen. Steht einer von Ihnen oder gar beide unter Betreuung, muss ein Betreuer nur für die von ihm betreute Person entscheiden, was am besten für ihn ist. Über den Anteil des anderen kann er nicht entscheiden. Als Ehegatten haften Sie aber für den Unterhalt Ihres Ehemanns soweit Sie leistungsfähig sind. Soweit Sie also in Höhe Ihres Anteils an der Miete leistungsfähig sind und müssen Sie auch diesen für die Pflegekosten Ihres Ehemannes einsetzen. Jeder Miteigentümer oder gegebenenfalls sein Betreuer (mit Genehmigung des Betreuungsgerichts) kann grundsätzlich auch verlangen, dass die Bruchteilsgemeinschaft aufgelöst und die Wohnung verkauft wird. Können sich die Miteigentümer nicht einigen, kann jeder Miteigentümer die sogenannte Teilungsversteigerung, also eine Zwangsversteigerung der Wohnung mit anschließender Verteilung des Erlöses beantragen.

 

Manfred G.: "Die Mutter meiner Frau lebt seit einigen Jahren von Hartz-IV. Der Vater meiner Frau der seit 45 Jahren von der Mutter meiner Frau geschieden ist, verstarb vor 3 Jahren. Die Stiefmutter meiner Frau möchte jetzt einen Teil des Erbes an meine Frau ausbezahlen. Kann jetzt das Sozialamt einen Teil des Erbes (wegen gezahlter Hartz-IV Beträge an die Mutter meiner Frau) zurückfordern?"


Markus Kühn: Verwandte in gerader Linie, also z.B. Eltern und ihre Kinder, Enkel und Großeltern sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch einander zum Unterhalt verpflichtet. Ihre Frau ist also grundsätzlich zum Unterhalt für Ihre Schwiegermutter verpflichtet. Dies steht aber unter dem Vorbehalt, dass Ihre Frau leistungsfähig ist, also entsprechend eigenes verwertbares Vermögen und/oder Einkommen hat.

Wenn Ihre Schwiegermutter „Hartz-IV Leistungen“ erhalten hat, gehen nach den Sozialgesetzen Unterhaltsansprüche von ihr gegen Unterhaltsverpflichtete auf den Sozialhilfeträger über. Es wird beim Elternunterhalt geprüft, welches Vermögen die Kinder des Unterhaltsberechtigten einsetzen können und was sie für ihren eigenen Unterhalt, die eigene Vorsorge und für die Unterstützung ihrer eigenen Familie benötigen. Nur soweit danach noch Geld übrig ist, sind sie leistungsfähig und zahlungspflichtig. Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt nur in bestimmten Fällen fordern. Dazu gehören unter anderem, dass dem Unterhaltsschuldner durch eine Mitteilung über die Sozialhilfegewährung der Anspruchsübergang angezeigt wurde oder ein Auskunftsschreiben zur Auskunftserteilung zugegangen ist. Denn von diesem Zeitpunkt muss der Unterhaltspflichtige damit rechnen, in Anspruch genommen zu werden. Wenn Ihre Frau durch das Erbe leistungsfähig geworden ist, kann sie insoweit vom Sozialhilfeträger grundsätzlich auch für Hartz-IV-Leistungen der Mutter in der Vergangenheit in Anspruch genommen werden. Denn auch im Wege der Erbfolge erlangtes Vermögen ist einsetzbares Vermögen.

 

Ingrid B.: "Ich habe zusammen mit einem Rechtsanwalt ein Testament erstellt, dieser ist auch mein Testamentsvollstrecker. Des weiteren liegt eine Patientenverfügung bei meinem Hausarzt. Für meine Konten hat jemand eine Vollmacht "über den Tod hinaus". Ich habe keine Vorsorgevollmacht, da ich nicht weiß, wem ich die evtl. daraus entstehenden Mühen aufbürden kann.Ich bin 70 Jahre, alleinstehend, verwitwet, keine Kinder, keine Geschwister.(Ich habe Cousinen, alle in meinem Alter und Deutschland weit verstreut). Gibt es eine Institution, Gesellschaft, Verein o.ä. an die ich mich mit meinem Anliegen wenden kann, wenn ich keinen "von Amts wegen" bestellten Betreuer möchte?"


Markus Kühn: Wenn jemand aufgrund einer Krankheit, eines Unfalls oder wegen Altersverwirrtheit nicht mehr in der Lage ist, über seine persönlichen Angelegenheiten zu entscheiden, wird ihm hierfür als gesetzlicher Vertreter ein Betreuer bestellt. Es besteht also die Gefahr, dass anstelle eines persönlichen Vertrauten Behörden, Gerichte und Berufsbetreuer über die Lebensgestaltung des Betroffenen entscheiden. Dies wollen Sie verständlicherweise vermeiden. Mit der rechtzeitigen Erteilung einer Vorsorgevollmacht können Sie im Vorfeld einer etwaigen Betreuungsbedürftigkeit dafür sorgen, dass alle erforderlichen Angelegenheiten durch eine von Ihnen bestimmte Vertrauensperson geregelt werden. Um einem Missbrauch der Vollmacht vorzubeugen, ist die sorgfältige Auswahl des Bevollmächtigten besonders wichtig. Wenn Sie keine Verwandten oder Bekannten haben, denen Sie die Aufgabe des Vorsorgebevollmächtigten übertragen können oder wollen, könnten Sie sich zunächst an Ihren Anwalt wenden, der auch Ihr Testamentsvollstrecker ist. Vielleicht übernimmt er die Aufgabe. Für die Ausübung seiner Tätigkeit als Vorsorgebevollmächtigter könnten Sie eine Zeitvergütung mit ihm vereinbaren. Auch andere Anwälte übernehmen mitunter solche Aufgaben. In dem Verein VorsorgeAnwalt e.V. sind Rechtsanwälte organisiert, die auf die Übernahme von Bevollmächtigungen und Unterstützung von Bevollmächtigten spezialisiert sind. Sie erreichen den Verein unter der Telefonnummer 030-80 90 62 91.




Elise Z.: "Ich möchte meine 3 Zimmer Wohnung gerne schon jetzt meiner Tochter und Enkeltochter verschenken/übergeben. Ich habe eine zusätzliche private Pflegeversicherung schon seit 1995, meine Rente und die Pflegeversicherung würden im Moment 3.200 € bringen, also würde das für eine Heimplatz reichen, falls einmal benötigt. Sollten aber dort die Preise weiter steigen, reicht es vielleicht nicht mehr. Nun möchte ich meine Wohnung meiner Tochter und Enkeltochter verschenken, damit meine Tochter, sollte sie in Rente kommen die Mieteinnahmen für sich behalten kann. Nun meine große Frage: Wie kann man das bewerkstelligen, dass im Falle meiner Pflege im Heim keine Kosten auf sie zukommen? Ich sage es ganz offen und ehrlich, ich möchte es vermeiden, das meine selbst ersparte Wohnung, für die ich mir über 30 Jahre keinen teuren Urlaub oder Luxus gegönnt habe, damit es mal in der Rente besser geht, dann irgendwann einmal an den Staat bzw. Heim/Sozialhilfe geht.


Markus Kühn: Ich kann zwar gut verstehen, dass Sie Ihre Tochter und Enkeltochter unterstützen und diesen etwas zur Verbesserung ihrer Lebenssituation zukommen oder vererben wollen. Aber: Warum soll der Staat bzw. die Sozialhilfe und damit der Steuerzahler für Ihre Heimkosten aufkommen, damit Sie Ihr Vermögen in der Familie halten können? Sicher ist es ungerecht, wenn im Gegensatz zu Ihnen andere Leute ihr Geld für unnötigen Luxus, zu große Autos und teure Urlaube statt für die Alters- und Pflegefallvorsorge ausgeben und dann im Alter von Sozialhilfe abhängig sind. Ich denke aber, dass ein Sozialstaat nur funktionieren kann, wenn sich auch alle sozial verhalten. Das bedeutet auch, wie Sie es getan haben, zum Beispiel mit einer privaten Pflegeversicherung und Sparen für den Alters- und Pflegefall vorzusorgen, wenn es möglich ist. Lebzeitige Vermögensübertragungen sollten grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn der Schenker auf diese Vermögenswerte nicht mehr angewiesen ist, also für sein Alter abgesichert und liquide ist. Lasten auf die Allgemeinheit abzuwälzen, sollte nicht Ziel einer Vermögensübertragung sein. 

Wenn Sie trotzdem Ihre Wohnung an Ihre Tochter oder Enkeltochter verschenken und später bei einem möglichen Pflegefall das Sozialamt zunächst die Kosten dafür übernehmen würde, könnte das Sozialamt zehn Jahre lang einen Rückforderungsanspruch wegen Verarmung des Schenkers gegen die Beschenkten geltend machen. Überdies sind Verwandte in gerader Linie einander zum Unterhalt verpflichtet. Insoweit müssten Ihre Tochter und gegebenfalls die Enkeltochter die Pflegekosten für Sie übernehmen bzw. das Sozialamt könnte übernommen Kosten von diesen zurückfordern, wenn sie ausreichend leistungsfähig sind.

 

Dietlind D.: "Mein Mann und ich haben jeweils eine Betreuungsverfügung für den Ehepartner ausgefüllt und unterschrieben. Da wir eine Immobilie besitzen, ist für diesen Teil eine notarielle Beurkundung fällig. Wenn wir unser gemeinsames Testament, in dem auch über die Immobilie verfügt wird, von einem Notar beurkunden lassen, ist dann auch eine notarielle Beurkundung in der Betreuungsverfügung notwendig?"


Markus Kühn: Vermutlich verwechseln Sie hier eine Betreuungsverfügung mit einer Vorsorgevollmacht. Mit einer Betreuungsverfügung können Sie für den Fall Ihrer späteren Betreuungsbedürftigkeit dem Betreuungsgericht Vorschläge machen, wen es als Betreuer für Sie einsetzen soll. Daneben können Sie Ihre Vorstellungen im Hinblick auf die Betreuung äußern. Das Gericht ist dann verpflichtet, die vorgeschlagene Person auf ihre Eignung als Betreuer zu prüfen und diese gegebenenfalls dann auch einzusetzen. Es empfiehlt sich, die Betreuungsverfügung schriftlich zu errichten und zu unterschreiben. Eine notarielle Form ist dafür nicht erforderlich, auch muss der Verfasser einer Betreuungsverfügung nicht geschäftsfähig sein, es reicht Einsichtsfähigkeit. Die gerichtliche Anordnung einer Betreuung erfolgt nicht bzw. ist nicht erforderlich, wenn der Betroffene zuvor im Zustand der Geschäftsfähigkeit eine vertraute Person zur Vornahme seiner Geschäfte bevollmächtigt hat, also eine sogenannte Vorsorgevollmacht errichtet hat. Dies ist grundsätzlich empfehlenswert, denn anders als vielfach angenommen, kann ein Volljähriger nicht wirksam von seinen Angehörigen vertreten werden, wenn er selbst nicht mehr zu rechtsverbindlichen Erklärungen in der Lage ist. Liegt keine Vorsorgevollmacht vor, müsste also in diesem Fall das Betreuungsgericht erst einen Betreuer bestellen, der sich um die Belange des Betroffenen kümmert. 

Eine Vorsorgevollmacht muss grundsätzlich nicht notariell erstellt werden. Wenn aber der Bevollmächtigte noch zu Lebzeiten des Vollmachtgebers berechtigt sein soll, über Immobilien zu verfügen, ist eine notarielle Beurkundung notwendig. Mit einem Testament bestimmen Sie hingegen, was bei Ihrem Tod mit der Immobilie geschehen soll. Ein notarielles Testament ersetzt also keine notarielle beurkundete Vorsorgevollmacht, wenn der Bevollmächtigte noch zu Lebzeiten des Vollmachtgebers über die Immobilie verfügen können soll und nicht erst als Erbe.

 

Franz B.:"Wir sind drei Kinder, unsere Mutter ist 95 Jahre alt. Wer kann bestimmen, wenn unsere Mutter aus gesundheitlichen Gründen selbst nicht mehr bestimmen kann"?


Markus Kühn: Ist ein Volljähriger krankheitsbedingt unfähig, seine Angelegenheiten ganz oder teilweise zu besorgen, kann das Betreuungsgericht einen Betreuer für ihn bestellen. Selbst als die Kinder Ihrer Mutter haben Sie kein gesetzliches Vertretungsrecht. Gegen seinen freien Willen darf aber niemanden ein Betreuer vorgesetzt werden. Nur wenn die zu betreuende Person nicht mehr in der Lage ist, ihren Willen frei zu bestimmen, darf das Gericht einen Betreuer einsetzen. Um sicherzustellen, dass dem Betreuten möglichst viel Selbstbestimmung verbleibt, werden dem Betreuer nur einzelne Aufgabenkreise zugewiesen. Diese sollen so eng bemessen sein, dass nur solche Aufgaben erfasst werden, die der Betreute nicht mehr selbst besorgen kann, können aber bei entsprechender Krankheit des Betreuten auch bis zur Totalbetreuung reichen. Eine Betreuerbestellung ist dann nicht erforderlich, wenn der Betroffene einen Bevollmächtigten bestellt hat. Sofern Ihre Mutter also noch dazu in der Lage ist, könnte Sie durch eine Vorsorgevollmacht eine Person ihres Vertrauens als Bevollmächtigten einsetzen. Eine solche Vollmacht kann umfassend ausgestaltet sein oder nur auf einzelne Bereiche wie z.B. die Vermögens- oder Gesundheitssorge beschränkt sein. Will Ihre Mutter keine Vollmacht erteilen, sondern nur dem Betreuungsgericht eine bestimmte Person vorschlagen, die das Gericht im Falle einer notwendig werdenden Betreuung einsetzen soll, könnte sie dies in einer sogenannten Betreuungsverfügung regeln.

 

Karen H.: "Mein Vater (81), verwitwet, wohnhaft in einem unbelasteten Haus in Hannover ist gesundheitlich fit. Ich (52), sein einziges Kind, verheiratet, zwei Kinder und wir leben in München.

Meine Eltern hatten ein sog. "Berliner Testament", wobei ich die Erbin bin, gemacht. Meine Frage: Welche Dokumente/Unterlagen benötige ich von meinem Vater im Voraus, wenn ihm etwaspassieren sollte (Schlaganfall etc.), damit ich reagieren/agieren kann? Kann ich das Haus (Verkehrswert ca. 180.000 EURO) einfach verkaufen, wenn er z.B. ein Pflegefall wird und damit seinen Heimaufenthalt bezahlen? Und wie hoch ist die Erbschaftssteuer bei Todesfall?"


Markus Kühn: Könnte Ihr Vater aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen, könnten Sie nur dann rechtsverbindliche Erklärungen für ihn abgeben und Entscheidungen treffen, wenn Sie gerichtlich bestellter Betreuer wären oder er Sie wirksam bevollmächtigt hätte. Auch als nächste Verwandte steht Ihnen kein gesetzliches Vertretungsrecht zu und aufgrund des Berliner Testamentes könnten Sie erst nach dem Tod Ihres Vaters als Schlusserbin nach Ihren Eltern über das Haus verfügen. Sie sollten mit Ihrem Vater besprechen, ob er Ihnen eine sogenannte Vorsorgevollmacht erteilt. Damit könnte er selbstbestimmt regeln, wer im Ernstfall für ihn handlungsbevollmächtigt sein soll und für welche Angelegenheiten die Vollmacht gelten soll. Soll die Vollmacht auch zur Veräußerung seines Hauses berechtigen, muss sie notariell beurkundet werden. Sofern im Todesfall Ihres Vaters neben dem Haus keine wesentlichen Nachlasswerte bestehen und er Ihnen in den letzten zehn Jahren auch keine größeren Geschenke gemacht hat, fällt für Sie keine Erbschaftsteuer an, da Ihr Freibetrag 400.000 Euro beträgt.

 

Angela W.: "Ich lebe seit 14 Jahren ohne Trauschein mit meinem Mann zusammen in einem Haus, das ihm gehört, ich aber mit viel Arbeitseinsatz mitrenoviert habe. Wie kann ich mich etwas absichern, falls meinem Lebenspartner etwas passieren sollte? Mein Lebenspartner hat noch eine kranke gebrechliche Mutter, welche ihm schon sein Erbteil vom Haus überschrieben hat und einen Halbbruder. Außerdem hat mein Lebenspartner ein Alkoholproblem. Meine Angst besteht darin, dass ich irgendwann einfach vor die Tür gesetzt werden kann, wenn das Alkoholproblem überhand nimmt. Genügt es eine Patietenverfügung zu gestalten, oder betrifft dies nur den medizinischen Aspekt? Gibt es irgendwelche Möglichkeiten?"


Markus Kühn: Eine Patientenverfügung ist die schriftliche Festlegung eines Menschen für den Fall, dass er z.B. aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit unfähig wird, seinen Willen zu äußern, ob er in bestimmte Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt. Ein Arzt bekommt damit eine Weisung, inwieweit er einen Patienten behandeln darf, wenn dieser sich nicht mehr äußern kann. Auch wenn eine Patientenverfügung grundsätzlich sinnvoll ist, hilft sie in Ihrer konkreten Situation aber nicht weiter. Solange Sie nicht verheiratet sind, haben Sie nach einer Trennung keine unterhaltsrechtlichen Ansprüche gegen Ihren Lebenspartner. Sie sollten versuchen, mit Ihrem Partner über Ihre Situation zu reden und ihm klarzumachen, dass Sie eine gewisse finanzielle Absicherung erwarten. Dies könnte beispielsweise durch eine Ausgleichszahlung für Ihren Einsatz, der Einräumung eines Wohnrechtes oder auch durch die Übertragung eines Anteils am Haus geschehen. Auch möglich wäre ein notarieller Erbvertrag, mit dem Sie sich rechtlich bindend bereits zu Lebzeiten Ihres Lebenspartners eine erbrechtliche Teilhabe an seinem Vermögen bei seinem Tod sichern würden. Ansonsten bliebe Ihnen bei Beendigung der Lebensgemeinschaft noch die Möglichkeit, zu versuchen, über die Rechtsgrundsätze des „Wegfalls der Geschäftgrundlage" oder der „ungerechtfertigten Bereicherung" eine Ausgleichszahlung zu verlangen. Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil vom 09.07.2008 entschieden, dass solche Ansprüche bei größere Aufwendungen, die ein nichtehelicher Lebenspartner während der Beziehung an Geld und Arbeit erbracht hat und die über das „Alltägliche" hinausgehen, im Einzelfall gegeben sein können.

 

Ursula R.:"Mein Mann und ich sind beide in zweiter Ehe verheiratet. Mein Mann hat vor seiner Scheidung einen notariellen Trennungsvertrag mit seiner Exfrau, die nur Hausfrau war, gemacht, demzufolge sie nicht nur das Haus und Unterhalt bekommt, sondern auch ihre Krankenversicherung (privat) von meinem Mann bezahlt wird. Der Trennungsvertrag wurde bei der Scheidung übernommen. Für den Fall, dass mein Mann vor seiner Exfrau stirbt, muss ich dann ihre Krankenversicherung weiterbezahlen? Das würde dazu führen, dass ich von meinem Gehalt bzw. meiner Rente, die ich mir erarbeitet habe, mehr als die Hälfte für ihre Krankenversicherung bezahlen müsste. Falls ja, was können wir tun, um das abzuwenden?"


Markus Kühn: Der Anspruch auf Unterhalt des geschiedenen Ehegatten ist grundsätzlich von den Erben des Unterhaltspflichtigen zu erfüllen. Das gilt auch, wenn der Erblasser und sein geschiedener Ehegatte eine sogenannte unselbständige Unterhaltsvereinbarung getroffen haben. Dies ist anzunehmen, wenn die Vereinbarung nur eine gesetzliche Unterhaltspflicht ausgestaltet und konkretisiert.

Nur wenn besondere Anhaltspunkte dafür sprechen, ist eine selbständige Unterhaltsvereinbarung anzunehmen, deren erbrechtlicher Übergang strittig ist. Vermutlich handelt es sich hier um eine unselbständige Unterhaltsvereinbarung, wenn, wie im Regelfall üblich, Grund, Höhe, Art und Dauer des von Ihrem Mann zu zahlenden Unterhalts geregelt wurde. Da der geschiedene Ehegatte durch die Vererblichkeit des Unterhaltsanspruches aber nur in ähnlicher Weise wie bei Fortbestand der Ehe abgesichert sein soll, haften die Erben nicht über einen Betrag hinaus, der dem Pflichtteil entspricht, der dem geschiedenen Ehegatten bei Weiterbestehen der Ehe zugestanden hätte. Sofern die Zahlungsverpflichtung auf Sie (und ggf. weitere Erben) übergehen würde, können Sie sich dem nur dadurch entziehen, dass Sie (bspw. durch Ausschlagung) nicht Erbe werden. Zur Sicherung der Liquidität bei Erstversterben Ihres Mannes könnten Sie auch über den Abschluss einer Risiko-Lebensversicherung nachdenken.

 

Karl K.: "Meine Großmutter hat als Erbe für ihr Haus ihren einzigen Nachkommen (Sohn) eingesetzt, und als Nacherben dessen zwei Nachkommen zu gleichen Teilen. Diese Nachkommen sind mein Bruder und ich. In dem Haus lebte zuletzt mein Vater (1. OG)und mein Bruder mit Frau (2. OG). Das EG ist vermietet. Ich wohne mit meiner Frau seit 39 Jahren ca. 100 km entfernt. Mein Bruder wohnt seit seiner Heirat vor 31 Jahren mit seiner Frau völlig kostenlos dort. Dies hatten unsere Eltern so bestimmt, weil mein Bruder und seine Frau später die Pflege der alten Eltern übernehmen sollten.

Meine Mutter brauchte nur manchmal Hilfe im Haushalt, nahm aber keine Pflege in Anspruch, weil sie vor 5 Jahren sehr plötzlich starb. Mein Vater musste die letzten ca. 3 Jahre von meiner Schwägerin und meinem Bruder gepflegt werden, bezahlte ihnen dafür aber trotz der o. g. Vereinbarung monatlich 1500€.

Jetzt ist unser Vater gestorben. Muss sich nun mein Bruder die mietfreien Jahre (oder die letzten 10) als Geschenk anrechnen lassen, das in die Erbmasse einfließt?"


Markus Kühn: Als Vorerbe konnte Ihr Vater das Haus zunächst grundsätzlich nutzen wie er wollte, es also auch entgeltlich oder unentgeltlich anderen Personen zur Verfügung stellen. Mit dem Tod Ihres Vaters ist dann der Nacherbfall eingetreten und Sie und Ihr Bruder sind zum einen als Nacherben unmittelbar Erben Ihrer Großmutter geworden. Zum anderen sind Sie die Erben Ihres Vaters. Sie sind somit Miterben an zwei verschiedenen Nachlässen, die gesondert zur verwalten und auseinander zu setzen sind.

Hinsichtlich des Nachlasses Ihres Vaters käme eine Ausgleichspflicht Ihres Bruders nur in Betracht, wenn es sich bei den Zuwendungen um eine Ausstattung und keine Schenkung oder um Zuschüsse zu Einkünften im Übermaß handelte oder wenn Ihr Vater eine Ausgleichung angeordnet hätte. Die Gewährung freien Wohnens kann unter Umständen als eine ausgleichspflichtige Ausstattung anzusehen sein. Bei einer gerichtlichen Beurteilung kommt es jedoch in solchen Fällen immer auf den Einzelfall an, insbesondere, ob es den Eltern darauf ankam, dem Bruder anlässlich seiner Heirat oder seiner wirtschaftlichen Selbständigmachung wirtschaftlich „unter die Arme zu greifen", was nach Ihren Angaben eher nicht der Fall war. Die Geldzahlungen an Ihren Bruder müssten zu dem Zweck erfolgt sein, als Einkünfte verwendet zu werden und müssten im Hinblick auf die Vermögensverhältnisse Ihrer Eltern übermäßig gewesen sein, damit insofern eine Ausgleichspflicht in Betracht käme. Auch hier wäre letztlich die Bestimmung eines Übermaßes eine Frage richterlichen Ermessens aufgrund einer Gesamtschau aller Einzelfallumstände.

 

Luise S.:"Mein Mann (70 J. alt) hat seit Jahren keine Einkünfte mehr. Wir leben von meiner Rente. Ich zahle alle Ausgaben, auch die KV/PV für meinen Mann. Er hat aus 1. Ehe 2 erwachsene, vermögende Kinder.Wie kann man sie zur Hilfe für ihren Vater heranziehen? Die Kinder sagen sie wüssten, dass, wenn ich (auch 70 J. alt) für ihren Vater nicht mehr sorgen würde und er Sozialhilfe erhielte, sie über das Sozialamt einspringen würden. Unter welchen Voraussetzungen kann mein Mann Sozialhilfe/Grundsicherung erhalten, die vom Sozialamt von den Kindern zurück gefordert würde? Müssten wir uns scheiden lassen (was wir nicht wollen), oder genügt getrennt leben, ginge das auch in der jetzigen Wohnung? Im übrigen haben wir einen Ehevertrag, nach dem wir im Falle einer Scheidung auf gegenseitigen Unterhalt, auch in der Not, verzichtet haben."


Markus Kühn: Sozialhilfe erhält unter anderem nicht, wer ausreichendes eigenes einzusetzendes Einkommen oder Vermögen hat oder wer die erforderliche Hilfe von anderen erhalten kann, weil er zum Beispiel Unterhaltsansprüche gegen andere hat. Ehegatten gelten bezüglich des von ihnen einzusetzenden Einkommens und Vermögens als Bedarfsgemeinschaft. Es werden also die Vermögenswerte beider Ehegatten berücksichtigt. Ein Unterhaltsverzicht zwischen Eheleuten hinsichtlich des Unterhalts bei Getrenntleben ist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches unwirksam. Für den Fall der Ehescheidung können Ehegatten zwar grundsätzlich Vereinbarungen bezüglich des nachehelichen Unterhalts treffen und prinzipiell auch auf Unterhalt für die Zukunft verzichten, was Sie ja in Ihrem Ehevertrag getan haben. Unterhaltsverzichte werden aber von der Rechtsprechung des öfteren als sittenwidrig und damit unwirksam eingestuft werden oder die Berufung auf einen nachehelichen Unterhaltsverzicht verstößt gegen Treu und Glauben. Dies käme in Ihrem Fall möglicherweise in Betracht, wenn Sie sich nur sozusagen pro forma scheiden lassen würden, um Ihre als Ehegatten bestehende gegenseitige Unterhaltspflicht auf andere abzuwälzen. Im Übrigen halte ich dies auch moralisch für bedenklich. Erst wenn die Mittel des Ehegatten erschöpft sind, haften die Kinder für den Unterhalt des bedürftigen Elternteils.

 

Ingrid G.: "Wir (59 + 65 J) beabsichtigen, da kinderlos, eine befreundete junge Frau zu adoptieren und ihr damit einmal unser Haus mit 4 Mietwohnungen zu vererben. Sie ist bei ihrer Mutter aufgewachsen und hatte nie Kontakt zum Vater. Beide Elternteile leben noch. Kann sie damit später, durch die Mieteinnahmen in der Lage, zu evtl. Unterhaltszahlungen für ihren leiblichen Vater herangezogen werden?"


Markus Kühn: Sofern Eltern außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, sind Kinder im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit grundsätzlich verpflichtet, den Eltern Unterhalt zu leisten. Das Gesetz sieht nur wenige Ausnahmefälle vor, in denen eine Beschränkung oder ein Wegfall der Unterhaltsverpflichtung in Betracht kommt. So können beispielsweise grobe Vernachlässigungen der eigenen Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind zur Versagung von Unterhalt bei späterer eigener Bedürftigkeit führen. Eine „eingeschlafene" oder nicht bestehende Beziehung zwischen Kind und Eltern reicht hingegen grundsätzlich nicht aus. Die Adoption eines Volljährigen ist nur möglich, wenn dies sittlich gerechtfertigt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn zwischen Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht, zumindest muss dies zu erwarten und die Absicht zu seiner Begründung auf beiden Seiten vorhanden sein. Eine Adoption eines Erwachsenen aus rein wirtschaftlichen Motiven – wie beispielsweise der Ersparnis von Erbschaftsteuer - ist jedenfalls nicht möglich. Selbst wenn in Ihrem Fall das Familiengericht einer Adoption zustimmen würde, bliebe dadurch aber die Unterhaltspflicht gegenüber dem leiblichen Vater bestehen. Um der jungen Frau etwas vererben zu können, müssen Sie diese auch nicht adoptieren, es genügt ein Testament.

 

Gerda M.: "Meine Eltern (80 und 83 Jahre alt) leben im älteren, eigenen EFH (Wert ca. 260.000 EUR). Größere Ersparnisse oder weitere Werte sind nicht vorhanden. In ihrem Testament benennen sie sich zu gegenseitigen Erben. Nacherben bin ich als Tochter (1/2) sowie zwei erwachsene Enkelinnen (je ¼), deren Mutter als zweite Tochter bereits verstorben ist. Keiner der Erben möchte das Haus später bewohnen. Sollten meine Eltern (oder einer von beiden) zu Pflegefällen werden, würde die Rente zur Kostendeckung nicht ausreichen. Eine finanzielle Unterstützung seitens der späteren Erben wäre derzeit auch nicht möglich.

Deshalb meine Frage:

1. Ich gehe davon aus, dass in diesem Fall das Haus verkauft werden muss. Muss dies in einem bestimmten Zeitraum geschehen, d.h. muss das erstbeste Gebot angenommen werden, auch wenn der Verkaufserlös dann unter Umständen unter dem Wert liegen könnte?

2. Könnten vom Verkaufserlös zu Lebzeiten der Eltern Schenkungen (ohne dass eine Behörde darauf zurückgreifen kann) an die Erben erfolgen und wenn ja, in welcher Höhe?

3. Würde eine vorzeitige Übertragung an die späteren Erben (mit lebens-langem Wohnrecht) zum jetzigen Zeitpunkt noch irgendwelche Vorteile bringen?

4. Kann das Haus zunächst auch vermietet werden und was passiert, wenn die erzielte Miete zur Kostendeckung nicht ausreicht?"


Markus Kühn: Sozialhilfe würden Ihre Eltern im Pflegefall nicht erhalten, wenn sie sich selbst helfen können. Damit Sozialhilfe gewährt werden kann, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Nicht ausreichendes Einkommen, nicht ausreichendes Vermögen sowie keine (ausreichenden) Zahlungen aus Unterhaltsansprüchen (z.B. gegen die Kinder) und anderen Ansprüchen (z.B. Pflegekasse, Rentenversicherung). Einzusetzendes Vermögen sind grundsätzlich auch eigene Immobilien. Ausgenommen ist aber ein angemessenes Hausgrundstück, das von der leistungsberechtigten Person oder seinem Ehegatten selbst bewohnt wird. Wenn Ihre Eltern allerdings dauerhaft in ein Pflegeheim müssten, müsste das Haus grundsätzlich verwertet werden. Gegebenenfalls kann es aber auch vorzuziehen sein, das Haus zu halten, zu vermieten und einsetzbare Mieterträge zu erzielen. Sofern das Haus verwertet werden muss, weil bspw. die Mieterträge nicht ausreichen, die sofortige Verwertung aber wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, kann auch Sozialhilfe in Form eines rückzahlbaren Darlehens, das z.B. durch Eintragung einer Grundschuld für den Sozialhilfeträger gesichert wird, in Betracht kommen. Wenn Ihre Eltern den Verkaufserlös verschenken würden, könnte das Sozialamt gegebenenfalls zehn Jahre lang einen Rückforderungsanspruch wegen Verarmung der Schenker gegen die Beschenkten geltend machen. Überdies müssten ansonsten Sie als unterhaltspflichtige Kinder für Ihre Eltern aufkommen. Im Falle einer lebzeitigen Übertragung der Immobilien gegen lebenslanges Wohnrecht müssten sich Ihre Eltern eine monatliche Mietersparnis bzw. den anhand des objektiven Mietwertes auf die statistisch bestimmte Gesamtnutzungsdauer des Wohnrechts hochgerechneten Vermögensvorteil als Einkommen bzw. Vermögen anrechnen lassen.

 

Marita und Konrad R.: "Wir sind Rentner (65 und 71 Jahre) und sparen seit einigen Jahren für den Kauf einer Eigentumswohnung, die wir selbst nutzen möchten. Was passiert, falls in der Ansparphase ein Pflegefall mit Heimunterbringung des Ehepartners eintritt? Müssen wir damit rechnen, dass das angesparte Geld für den Pflegefall voll einzusetzen ist? Das Sozialamt kann ja bis zu zehn Jahre rückwirkend Geschenke, die der Hilfesuchende gemacht hat, zurückfordern. Wie ist die Rechtslage bei Bargeldgeschenken zu Weihnachten an Kinder in Höhe von 3000 Euro im Jahr?"


Markus Kühn: Im Bereich der Sozialhilfe gilt der sog. Nachranggrundsatz, wonach Sozialhilfe derjenige nicht erhält, der ausreichendes Einkommen, ausreichendes Vermögen oder Unterhaltsansprüche gegen andere, insbesondere Ehegatten, Kindern oder Eltern hat. Auch wenn ein Ehegatte in einem Pflegeheim untergebracht werden muss, gelten die Ehegatten weiterhin als eine Bedarfsgemeinschaft. Ob daher gegebenenfalls ein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Übernahme der Heimkosten besteht, richtet sich zunächst nach den gemeinsamen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten.

Das von Ihnen lediglich angesparte Geld wäre als zu berücksichtigendes Vermögen grundsätzlich zunächst einzusetzen. Als sog. Schonvermögen wäre aber hingegen ein angemessenes Hausgrundstück, das von dem nicht pflegebedürftigen Ehegatten bewohnt wird, von einer Inanspruchnahme durch den Sozialhilfeträger verschont. Wenn Sie Vermögenswerte, wie z.B. Geldvermögen, verschenken und durch einen Pflegefall mit Heimunterbringung bedürftig werden, also Sie oder Ihr Ehegatte die Heimkosten nicht mehr bezahlen können, haben Sie einen Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB gegen den Beschenkten, wenn noch keine 10 Jahre seit der Schenkung vergangen sind. Diesen Rückforderungsanspruch kann der Sozialhilfeträger auf sich überleiten und gegen den Beschenkten geltend machen. Davon ausgenommen sind angemessene Anstandsschenkungen (z.B. für Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke). Was angemessen ist, wird einzelfallbezogen geprüft. Weihnachtsgeschenke in Höhe von 3.000 Euro dürften dieses Maß aber übersteigen.

 

Sabrine M.: "Wie ist die Rechtslage im Bereich der Sozialhilfe in einem Pflegefall, wenn der geschiedene Ehegatte einen beträchtlichen teil seines Vermögens als unbefristetes Darlehen an sein eSchwester verliehen und die Schwester sich mit dieser Geldsumme die Finanzierung ihres Hauses gesichert hat?"


Markus Kühn: Sozialhilfe soll unter anderem derjenige nicht erhalten, der Unterhaltsansprüche gegen andere hat.

Wenn jemand finanzielle Hilfe vom Staat bekommen hat, forschen die Sozialämter nach, ob jemand ihnen die verauslagten Kosten zurückerstatten muss. Nach den Sozialgesetzen gehen alle möglichen Ansprüche des Leistungsberechtigen gegen Dritte auf den Sozialhilfeträger über. Dieser kann dann die Unterhaltsansprüche an Stelle des Leistungsberechtigen geltend machen.

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind Verwandte in gerader Linie einander zum Unterhalt verpflichtet. Das sind insbesondere Eltern oder Kinder des Bedürftigen. Bei geschiedenen Ehegatten hingegen obliegt es nach der Scheidung grundsätzlich jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ein nachehelicher Unterhaltsanspruch kommt grundsätzlich nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Scheidung und nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht. Ob dies hier der Fall ist, kann ich anhand des vorliegenden Sachverhalts nicht beurteilen. Wenn danach kein Unterhaltsanspruch gegen den Ex-Gatten vorliegt, kann der Ex-Mann mit seinem Vermögen auch machen, was er will. Der Sozialhilfeträger muss sich dann gegebenenfalls an die unterhaltspflichtigen Verwandten des pflegebedürftigen Ehegatten wenden.

 

Hermann W.:"Meine Mutter (95 Jahre) lebt seit 8 Jahren in einem Pflegeheim und hat inzwischen die Pflegestufe 3. Durch ihre eigenen monatlichen Zuzahlungen von ca. 500.-€ ist ihr Sparguthaben Ende 2009 bis auf 2600.-€ verbraucht. Lt. Aussage der Heimleitung tritt dann die öffentliche Hand ein. Meine Frage an Sie: Kann das Sozialamt die Kosten von mir zurückfordern? Ich beziehe eine Rente in Höhe von 1862.- € Netto, die Rente meiner Frau beträgt 363.- € Netto.Wir sind beide 70 Jahre alt und wohnen in einem Reihenhaus, das abbezahlt ist. Außerdem habe ich eine Summe in Höhe von 80000.- € als Festgeld angelegt."


Markus Kühn: Zivilrechtlich haben Eltern einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Kinder, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst bestreiten können. Im Umfang der vom Sozialhilfeträger geleisteten Aufwendungen geht dieser Unterhaltsanspruch auf den Sozialhilfeträger über. Unterhalt vom Einkommen des Kindes kann aber nur dann gefordert werden, wenn das unterhaltsrechtlich maßgebende Einkommen des verheirateten Kindes seinen Selbstbehalt von derzeit 2.500 € übersteigt. Die Ermittlung des maßgebenden Einkommens ist jedoch recht kompliziert. Unter anderem werden auch ein Mietwert für das eigene bewohnte Haus und eine häusliche Einsparung durch gemeinsames Wirtschaften bei Ehegatten zum Einkommen hinzuaddiert. Allein aus Ihrem Einkommen dürfte sich aber allenfalls ein sehr geringer Betrag ergeben, mit dem Sie sich an den Betreuungskosten Ihrer Mutter beteiligen müssten. Daneben kommt bei Ihnen aber noch eine Heranziehung zum Unterhalt aus Vermögen in Betracht. Dabei zählt das selbstbewohnte Haus zwar nicht zum unterhaltsrelevanten Vermögen, die 80.000 € Festgeld hingegen grundsätzlich schon. Davon wird dann noch ein größerer sog. Notgroschen abgezogen, der Ihnen dazu dienen soll, eigene unerwartete Kosten, bspw. im Krankheitsfall, tragen zu können. Für die Höhe dieses Vermögensfreibetrags gibt es keine festen Grenzen. Die Sozialämter gestehen hier i.d.R. 20.000 bis 80.000 € zu. Nur das danach noch verbleibende Vermögen wäre von Ihnen zum Unterhalt Ihrer Mutter einzusetzen.

 

Marianne H.: „Unsere Pflegetochter (29) kam mit etwa einem halben Jahr zu uns. Mittlerweile hat sie eine Tochter (10), die ebenfalls bei Pflegeeltern lebt. Kann ich unserer Pflegetochter, die keine Berufsausbildung hat, von Hartz IV lebt, psychisch krank ist und der eine richterliche Betreuerin die Finanzen regelt, unser Haus und/oder Bargeld vererben? Oder kommen dann verschiedene Ämter und fordern Ansprüche zurück? Wie verhält es sich, wenn ich unserer Enkeltochter etwas vererbe?“


Markus Kühn: Im Bereich der Sozialhilfe gilt das Nachrangprinzip, wonach Sozialhilfe nicht bekommt, wer sich selbst helfen kann oder die erforderliche Hilfe von anderen bekommt. Der Leistungsberechtigte ist verpflichtet, ein etwa vorhandenes Vermögen oder Einkommen im gesetzlich festgelegten Umfang einzusetzen. Ein angemessenes selbstbewohntes Hausgrundstück oder Vermögen, das zur baldigen Beschaffung eines solchen für einen pflegebedürftigen Menschen dient und wenn dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, ist jedoch nicht als Vermögen anzusetzen und demgemäß nicht anzurechnen. Weiterhin gilt der Grundsatz, dass gezahlte Sozialhilfe für die Vergangenheit nicht zurückzuzahlen ist, soweit der Leistungsberechtigte dem Sozialhilfeträger keine falschen Angaben über seine Vermögenssituation gemacht hat. Um bei einer Erbschaft Zugriffe des Sozialhilfeträgers möglichst auszuschließen, gibt es testamentarische Gestaltungsüberlegungen, wie bspw. die Einsetzung als nicht befreiten Vorerben in Kombination mit einer Dauertestamentsvollstreckung. Hier ist aber rechtlich noch vieles unsicher und stark einzelfallabhängig. Wenn Sie Ihrer Enkeltochter etwas vererben, gilt, dass diese grundsätzlich unterhaltspflichtig gegenüber ihrer Mutter ist und auch den Stamm ihres Vermögens einsetzen muss. Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch sonstige Verpflichtungen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht.

 

Henning D.: "Eine Mutter hat 2 Töchter, die jeweils 50% erben sollen. Allerdings betreut die eine Tochter die Mutter, die andere Tochter nicht. Für diese Betreuung soll es einen Ausgleich geben, was ich in Ihrem Wirtschaftsteil vor etwa 6 - 9 Monaten gelesen habe. Auch soll hierfür eine gesetzliche Regelung kommen. Wenn ich mich recht entsinne, soll die Betreuerin beim Erbfall zwischen 10 und 20% mehr erhalten."


Markus Kühn: Nach der kürzlich vom Bundestag verabschiedeten Erbrechtsreform, die in den nächsten Monaten in Kraft treten soll, ist u.a. auch eine bessere Honorierung von Pflegeleistungen bei der Erbauseinandersetzung geplant. Trifft der Erblasser in seinem Testament keine Ausgleichsregelung, geht der pflegende Angehörige heute oftmals leer aus. Erbrechtliche Ausgleichsansprüche gibt es nur für einen Abkömmling, der unter Verzicht auf berufliches Einkommen den Erblasser über längere Zeit gepflegt hat. Künftig soll jeder gesetzliche Erbe einen Ausgleich für Pflegeleistungen erhalten und zwar unabhängig davon, ob er für die Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet hat. Die Bewertung der Leistungen wird sich an der gesetzlichen Pflegeversicherung orientieren. Das folgende Beispiel des Bundesjustizministeriums verdeutlicht dies: Die verwitwete kinderlose Erblasserin wird von ihrer nicht berufstätigen Schwester gepflegt. Der Bruder kümmert sich nicht. Die Erblasserin stirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben. Der Nachlass beträgt 100.000 Euro. Die Pflegeleistungen sind mit 20.000 Euro zu bewerten. Derzeit erben die Schwester und der Bruder je zur Hälfte. Künftig kann die Schwes­ter einen Ausgleich für ihre Pflegeleistungen verlangen. Von dem Nachlass wird zugunsten der Schwester der Ausgleichsbetrag abgezogen und der Rest nach der Erbquote verteilt (100.000–20.000 = 80.000). Von den 80.000 Euro erhalten beide die Hälfte. Im Ergebnis erhält die Schwester also 60.000 Euro.

 

Anni K.: "Mein Mann und ich sind Eigentümer von ein paar Immobilien,welche wir uns schwer erarbeitet haben, und wir zahlen auch noch Zins und Tilgung dafür. Die Mieteinnahmen sind schwerpunktmäßig unsere "Rente" und wir kommen alles drum und dran, so ganz gut über die Runden. Wir haben zwei Kinder, unsere Tochter lebt seit längerer Zeit überwiegend von Hartz 4. Meine Frage: Wie verhält sich das im Erbfalle, erbt da unsere Tochter oder der Staat oder muss unsere Tochter einfach die erhaltenen Leistungen dann zurückzahlen?"


Markus Kühn: Der Staat ist nur dann gesetzlicher Erbe, wenn zur Zeit des Erbfalls weder ein Verwandter, ein Lebenspartner noch ein Ehegatte des Erblassers vorhanden ist. Auch wenn Sie durch Testament jemanden als Erben einsetzen, wird der Staat grundsätzlich nicht Erbe. Bezüglich etwaiger Erstattungspflichten von Arbeitslosengeld gilt der Grundsatz, dass Leistungen der Grundsicherung nicht zurückgezahlt werden müssen, es sei denn, der Bezieher hat die Leistungen zu Unrecht erhalten. Das kann der Fall sein, wenn der Bezieher des Arbeitslosengeldes bei Antragstellung falsche Angaben gemacht hat oder er nach Antragstellung Einkommen oder Vermögen erzielt hat, das den Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder eine andere Leistung hätte entfallen lassen. Nach einem Erbfall müsste sich Ihre Tochter geerbte und verwertbare Vermögensgegenstände auf ihr Vermögen anrechnen lassen, was zu einem Wegfall des Arbeitslosengeldes führen kann. Zum verwertbaren Vermögen gehören insbesondere auch Immobilien. Nicht als Vermögen anzurechnen ist aber ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung.

 

Norbert W.: "Ich bin 64, meine Enkel 3 und 5 Jahre alt.ür beide möchte ich in 2008 für ca. 20.000 € Aktienfonds und 10.000 € auf ein Tagesgeldkonto (z.Zt. 5% p.a.) anlegen. Auf das Fondsvermögen sollen sie ab Volljährigkeit zugreifen können. Kann der Sparerfreibetrag von deren Eltern ausgeschöpft werden, wenn das Konto/Depot auf den Namen meiner Enkelkinder angelegt wird? Und wie sollte der Zugriff auf das Konto/Depot vor Erreichen der Volljährigkeit meiner Enkelkinder geregelt werden (z.B. wenn ich vorher versterbe)"?



Markus Kühn: Der Sparerfreibetrag der Eltern der Kinder kann nicht ausgenutzt werden, wenn Sie das Geld den Enkeln schenken und es somit auf deren Namen anlegen. Der Sparerfreibetrag steht demjenigen zu, der auch die entsprechenden Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt. Das ist grundsätzlich der Inhaber des Kapitalvermögens, dann also Ihre Enkelkinder. Bei Schenkungen an minderjährige Kinder ist erforderlich, dass das Vermögen der Kinder streng vom Vermögen der Eltern, die ihre Kinder gesetzlich vertreten und insoweit das Vermögen der Kinder verwalten, getrennt gehalten wird. Dies beantwortet auch Ihre zweite Frage. Wenn die Eltern das Vermögen der Kinder nicht wie fremdes Vermögen behandeln, könnte das Finanzamt das Vermögen wirtschaftlich den Eltern zurechnen, die dann auch die Erträge versteuern müssen. Der Freibetrag der Kinder kann dann von diesen auch nicht ausgenutzt werden.

 

Hinweis:

Die geschilderten Texte bieten nur einen ersten Einblick in die Regelungen. Für spezifische Fällle und individuelle Situationen ist eine genaue Betrachtung und eine rechtliche Beratung empfehlenswert.


Rechtsanwalt Kühn steht Ihnen als erfahrener Erbrechtler gerne für Ihre Fragen und Anliegen zur Verfügung.

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