Antworten Interessante Rechtsfragen

Fragen und Antworten "Interessante Rechtsfragen"

Anni S.: "Ich habe ein Schließfach bei der Bank. Das will ich jetzt kündigen. Allerdings hat mein Erbe den Schlüssel und will ihn mir nicht aushändigen. Was kann ich tun? Kann die Bank den Schlüssel einbehalten, wenn ich sie anrufe? Oder wie kann ich das Schließfach kündigen, auch wenn ein Schlüssel fehlt?"


Markus Kühn: Ich kenne nicht die vertraglichen Bedingungen, zu denen Sie den Schließfach bei Ihrer Bank gemietet haben. Eine übliche Klausel in solchen Vertragsbedingungen ist aber, dass die Bank die Anfertigung neuer Schlüssel veranlassen kann, wenn ein Schlüssel verloren geht. Gibt es zwei Schlüssel und beide liegen nicht mehr vor, wird die Bank den Safe öffnen lassen. In beiden Fällen haftet der Mieter – hier also Sie – für alle Kosten und Schäden, die durch diese Maßnahmen entstehen. Da Sie Vertragspartner der Bank sind, muss diese sich auch nicht an die andere Person wenden. Sie könnten aber gegebenenfalls dann Regress bei Ihrem „Erben“ nehmen. Da Ihrem „Erben“ grundsätzlich kein Recht zusteht, den Schlüssel einzubehalten, könnten Sie auch die Rückgabe an Sie rechtlich, notfalls gerichtlich durchsetzen. Das könnten Sie ihm noch einmal klarmachen oder durch einen Anwalt mitteilen lassen. Ein weiterer Denkanstoß für Sie: Sie haben erst dann einen Erben, wenn Sie tot sind. Vielleicht sollten Sie überlegen, ob Sie gegebenenfalls eine andere Person testamentarisch zum Erben ernennen wollen (sofern Sie nicht beispielsweise durch ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag an den jetzigen „Erben“ gebunden sind).

 

Helmut D.: „Vor vier Jahren ist eine Cousine meines Vaters verstorben. Da keine engeren Verwandten und auch kein Testament vorhanden waren, wurde vom Amtsgericht ein Rechtspfleger bestellt. Mitte 2020 habe ich Bescheid bekommen, dass ich mit weiteren 15 Personen Miterbe bin. Alle haben das Erbe angenommen, müssen auch alle einen Erbschein beantragen? Wie lange kann sich der Rechtspfleger Zeit lassen, bis die Sache abgeschlossen ist? Ich habe im ersten Moment die Erbschaft angenommen, kann ich jetzt noch von der Zustimmung zurücktreten?“


Markus Kühn: Bis zur Annahme einer Erbschaft hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit dafür ein Bedürfnis besteht. Das gilt auch, wenn der Erbe unbekannt ist. Dann kann das Nachlassgericht zur Sicherung desjenigen, der Erbe wird, einen sogenannten Nachlasspfleger einsetzen, was wohl auch in Ihrem Fall geschehen ist. Dieser ist dann gesetzlicher Vertreter der zukünftigen Erben. Er unterliegt der Aufsicht des Nachlassgerichts und haftet den Erben gegebenenfalls für schuldhafte Verletzungen seiner Pflichten. Die Nachlasspflegschaft endet nicht automatisch, wenn der oder die Erben gefunden sind und sie die Erbschaft angenommen haben. Sie ist dann aber unverzüglich durch Beschluss des Nachlassgerichts aufzuheben und der Nachlasspfleger hat Rechnung zu legen. Ein Erbschein wird nur auf Antrag erteilt. Er muss nicht von jedem einzeln beantragt werden, antragsberechtigt für einen gemeinschaftlichen Erbschein, in dem die Erbanteile aller Erben aufgelistet sind, ist jeder Erbe. Einfach zurücktreten von der Annahme der Erbschaft können Sie nicht. Nur in bestimmten Fällen kommt eine Anfechtung der Annahme der Erbschaft in Betracht. Es muss ein Anfechtungsgrund wie zum Beispiel ein Irrtum über den Inhalt der Annahmeerklärung oder über eine verkehrswesentliche Eigenschaft der Erbschaft vorgelegen haben. Die Frist zur Anfechtung beträgt nur sechs Wochen seit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund erfahren hat. Grundsätzlich bilden Sie jetzt mit den anderen Erben eine Miterbengemeinschaft und müssen sich mit diesen einigen, wie die Erbschaft aufgeteilt wird. Jeder Miterbe kann jederzeit die sogenannte Auseinandersetzung der Erbschaft verlangen.

 

Wolfgang P.: „Mit notariell beurkundetem Verbrauchervertrag habe ich am 22. Dezember 2020 eine Immobilie an eine GmbH verkauft. Nach Eintragung der entsprechenden Auflassungsvormerkung zugunsten des Käufers wurde der Kaufpreis vom Notar am 5. Februar fällig gestellt. Gemäß Vertrag ist der Kaufpreis somit innerhalb von 30 Tagen zur Zahlung fällig. Der Käufer hat diese Frist verstreichen lassen. Nach zwei weiteren Wochen habe ich den Käufer angeschrieben und erhielt die Auskunft, dass es Verzögerungen bei der Bank gäbe und voraussichtlich innerhalb von zwei Wochen bezahlt werden würde. Diese Frist ist ebenfalls verstrichen. Am 8. April wurde ich erneut seitens des Käufers informiert, dass es noch dauert. Nun ist immer noch keine Zahlung erfolgt und ich habe mit einer E-Mail am 5. Mai eine Frist bis 15. Juni gesetzt und mit dem Anwalt gedroht. Was kann ich tun, wie lange muss ich noch warten, und was kann schlimmstenfalls passieren?“


Markus Kühn: Wenn der Käufer trotz Fälligkeit nicht zahlt, sind bei üblichen Kaufverträgen ab Fälligkeit nicht bezahlte Kaufpreisteile (hier der gesamte Kaufpreis) mit jährlich fünf Prozent über dem Basiszins zu verzinsen. In der Regel kann ein Verkäufer daneben auch weitere Verzugsschäden geltend machen, sofern ihm diese entstanden sind. Verzug tritt beim Erwerber mit einer Mahnung des Veräußerers nach Fälligkeit ein. Darüber hinaus gehört zum Standard eines Immobilienkaufvertrages eine sogenannte Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Diese besagt, dass der Erwerber sich wegen der Kaufpreiszahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft. Der Notar, der den Vertrag beurkundet hat, ist berechtigt, Ihnen eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde ohne Nachweis der die Vollstreckbarkeit begründenden Tatsachen zu erteilen. Das bedeutet, dass Sie den Käufer nicht erst erfolgreich verklagen müssen, um einen Vollstreckungstitel zu erhalten. Sie müssen also beispielsweise nicht mit Gerichtsgebühren in Vorleistung treten und einen langwierigen Prozess befürchten. Ich empfehle Ihnen, sich bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche anwaltlich vertreten zu lassen.

 

Waltraud S.: „Wir sind ein Ehepaar (66 und 64 Jahre alt) und haben unsere Doppelhaushälfte an unsere Tochter weitergegeben – zur einen Hälfte als ihr Erbteil, die andere Hälfte haben sie und ihr Mann uns ausbezahlt. Ursprünglich wollten wir in der Nähe des bisherigen Wohnortes eine Eigentumswohnung kaufen, um mietfrei zu wohnen und zugleich zur Absicherung des Erbes für unseren Sohn. Aufgrund der Immobilienknappheit konnten wir das aber nicht umsetzen. Daher haben wir eine Mietwohnung bezogen und in weiterer Entfernung eine Eigentumswohnung erworben. Die Miteinnahmen sichern unsere eigenen Mietkosten ab. Nun zählt die Eigentumswohnung im Fall unserer Pflegebedürftigkeit aber nicht zum Schonvermögen, da wir sie ja nicht selbst bewohnen. Wie können wir trotzdem sicherstellen, dass sie als Erbteil für unseren Sohn erhalten bleibt, wenn wir etwaige Pflegekosten nicht mehr selbst aufbringen können?“


Markus Kühn: Dazu stellt sich zunächst einmal die Frage: Warum sollen die Allgemeinheit beziehungsweise die Steuerzahler für Ihre Pflegekosten aufkommen, wenn Sie Ihr Vermögen an Ihre Kinder verschenkt haben? Darüber hinaus: Wenn Sie Mieteinnahmen aus der Eigentumswohnung erzielen, müssen Sie diese zunächst für eventuelle Pflegekosten aufbringen. Reicht das nicht, müssen Sie auch Ihr eigenes Vermögen einsetzen. Dazu gehört auch die Eigentumswohnung. Auch wenn Sie die Wohnung an Ihren Sohn schenken würden, kann und muss das Sozialamt die Schenkung zurückverlangen, wenn sie innerhalb von zehn Jahren seit der Schenkung auf Sozialhilfe angewiesen sind. Dazu kann der Sozialhilfeträger den Anspruch auf Rückforderung der Schenkung wegen Verarmung nach § 528 BGB auf sich überleiten. Der Beschenkte kann die Herausgabe des Geschenkes allerdings durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Dann müsste also Ihr Sohn nur den für die Pflege notwendigen Betrag aufbringen und nicht die ganze Wohnung zurückgeben. Behalten Sie sich bei der Schenkung einen Nießbrauch vor, damit Ihnen weiterhin die Miete zusteht, kann der Sozialhilfeträger auch diesen Anspruch auf sich überleiten. Möglicherweise wäre eine Idee, dem Sohn – wie schon bei der Tochter - die Wohnung oder einen Anteil daran zu verkaufen. Dann hätten sie sonstiges Vermögen, dass Sie notfalls einsetzen können.

 

Lisa Z.: „Ich besitze ein Einfamilienhaus im Norden von Rosenheim auf einem Erbbaugrundstück der Stadt. Das Haus möchte ich dem Sohn meiner Freundin vererben. Kann das Haus mit der gleichen Belastung (Erbbauzins) vererbt werden, oder muss ein neuer Erbbauzins verhandelt werden? Verlängert der Grundstückseigentümer den Pachtvertrag nicht mehr, wie hoch wäre die Entschädigung für das Haus? Hätte der Erbe ein Vorkaufsrecht?“


Markus Kühn: Ein Erbbaurecht ist vereinfacht gesagt ein eigenes Haus auf einem fremden Grundstück. Es erlischt nicht mit dem Tod des Erbbaurechtsnehmers, sondern geht wie ein „normales“ Grundstück auf dessen Erben über. Üblicherweise ist eine Laufzeit von 60 bis 99 Jahren zwischen Erbbraurechtsgeber und -nehmer vereinbart. In diese Laufzeit tritt der Erbe ein. Nach Ende der Laufzeit muss er mit dem Erbbaurechtsgeber verhandeln, wie es weitergehen soll: Verlängerung des Erbbaurechtsvertrages, Verkauf des Grundstücks an den Erbbaurechtsnehmer oder Rückgabe von Grundstück und Gebäude an den Erbbaurechtsgeber. Wenn der Vertrag nicht verlängert wird, muss die Immobilie bewertet werden, um die angemessene Entschädigung für den Erbbaurechtsnehmer zu bestimmen. Nach Ablauf des Erbbaurechtsvertrages haben Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigter üblicherweise ein gegenseitiges Vorkaufsrecht. Das sollte in Ihrem Vertrag geregelt sein. Dabei muss der Erbbauberechtige aber die Konditionen akzeptieren, zu denen der Grundstückseigentümer an Dritte veräußern könnte.

 

Andrea S.: „Ich habe 2016 eine neu gebaute Eigentumswohnung vom Bauträger gekauft, bin alleiniger Eigentümer. Bis auf einen marginalen Sicherheitseinbehalt (0,5 Prozent der Kaufsumme, wegen noch immer existierender und vom Gutachter bestätigter Mängel am Gemeinschaftseigentum) wurde die Wohnung bei Übergabe bezahlt. Der Bauträger hat trotz meiner Aufforderung (aufgrund des noch offenen, kleinen Sicherheitseinbehalts) vier Jahre nach Übergabe noch keine Eigentumsumschreibung im Grundbuch veranlasst und will dies bis zur hundertprozentigen Zahlung auch nicht tun. Wie sieht es im Erbfall aus, wenn mir etwas zustoßen sollte und die Umschreibung im Grundbuch - trotz fast vollständiger Bezahlung - noch nicht erfolgt ist? Welche Probleme könnten für meine Erben entstehen?


Markus Kühn: Ich gehe davon aus, dass für Sie eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist, da dies üblicherweise Voraussetzung für die Kaufpreisfälligkeit ist. Die Vormerkung bewirkt, dass die Immobilie vom Verkäufer nicht mehr an andere Personen verkauft werden kann. In der Regel können Sie die Eintragung Ihres Eigentums (und die Löschung der Vormerkung) verlangen, wenn der Kaufpreis vollständig gezahlt ist oder Sie sich entsprechend (gütlich oder gerichtlich) mit dem Verkäufer geeinigt haben, dass Sie Ihre Vertragsverpflichtungen vollständig erfüllt haben. Erben treten in die Rechtsposition des Erblassers ein. Insofern würde das auch für diese gelten, falls Sie vor der endgültigen Eigentumseintragung versterben würden.

 

Petra H.: "Vor 15 Jahren kauften wir uns eine Doppelhaushälfte mit der Hausnummer 10a. Das Grundstück mit den Hausnummern 10 und 10a war ursprünglich eine Einheit und wurde 1969 geteilt. Bei dieser Teilung entstand eine verdrehte Bezifferung. Sie fiel dem Notariat auf, das für unseren Nachbarn tätig ist. Also sind wir seit 15 Jahren Besitzer des falschen Grundstücks. Nun muss eine Berichtigung vorgenommen werden, die mit erheblichen Kosten verbunden ist, welche wir beim Hauskauf bereits beglichen haben. Bei der damaligen Beurkundung wurde die Hausnummer von 10 auf 10a berichtigt, weil es uns aufgefallen ist. Die Flurnummer wurde nicht mehr überprüft. Der ehemals tätige Notar sieht sich in keiner Verantwortung. Wie ist die Verantwortlichkeit zu beurteilen?"


Markus Kühn: § 19 der Bundesnotarordnung regelt, dass ein Notar, der seine Amtspflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, den daraus ersetzenden Schaden zu ersetzen hat. Fällt ihm nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er grundsätzlich nur in Anspruch genommen werden, wenn der Geschädigte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Zu den Amtspflichten gehören Prüfungs-, Belehrungs-, Betreuungs- und Vollzugspflichten. Bei Grundstücksgeschäften ist der Notar u.a. verpflichtet, sich vorab durch Einsichtnahme in das Grundbuch über den Grundbuchinhalt zu unterrichten. Er muss aber grundsätzlich nicht in die Grundakte Einsicht nehmen, in der alle Urkunden und Dokumente (z.B. auch Teilungserklärungen), die mit dem dazugehörigen Grundbuch in Verbindung stehen, gesammelt werden. Ob man aufgrund der entdeckten falschen Hausnummer eine erweiterte Prüfungspflicht hinsichtlich der Flurnummern annehmen kann, ist m.E. eher fraglich. Letztlich wäre ein Anspruch aber auch vermutlich verjährt (was aber noch genau geprüft werden müsste). Denn auch der Schadensersatzanspruch nach § 19 BnotO unterliegt einer dreijährigen Verjährungsfrist. Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und mit dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Unabhängig von der Kenntnis, verjährt der Anspruch aber spätestens zehn Jahre nach Entstehen. Auch wenn Sie erst kürzlich Kenntnis erlangt haben, dürfte der Anspruch nach Ihren Angaben bereits vor 15 Jahren entstanden und damit verjährt sein.

 

Monika S.: “Im Mai letzten Jahres verstarb eine meiner Cousinen. Nachdem kein Testament vorliegt, bin ich zusammen mit inländischen aber auch niederländischen Verwandten erbberechtigt. Für die deutschen Erben (1/2 Erbanteil) liegt inzwischen ein vom zuständigen Amtsgericht ausgestellter Teilerbschein vor. Eine Fondsgesellschaft, bei der ein Großteil des Nachlasses angelegt ist, sieht sich jedoch - ohne Zustimmung aller, also auch der uns nicht bekannten niederländischen Erben – außerstande, mit genanntem Teilerbschein zumindest eine entsprechende Teilabwicklung vorzunehmen. Das Nachlassgericht lehnt aufgrund deren Vorschriften eine Ermittlung der niederländischen Erben ab und sieht mit der Übersendung eines Merkblattes an einen dortigen Erben seine Aufgabe als erfüllt an. Da ich keine Möglichkeit habe, die niederländischen Erben zu kontaktieren, wäre ich Ihnen für eine Information dankbar, wie ich und die anderen inländischen Erben die seit eineinhalb Jahren offene Nachlassabwicklung beschleunigen kann, ggf. welche juristischen Schritte Sie hierfür sehen.”


Markus Kühn: Wenn ein Erbe unbekannt ist und ein Sicherungsbedürfnis besteht, hat das Nachlassgericht gem. § 1960 Abs. 1 S. 2 BGB für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen. Hierzu kann es für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Nachlasspfleger bestellen. Das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses prüft das Gericht nach billigem Ermessen. Es hat sich an den Interessen des endgültigen Erben an Sicherung und Erhaltung des Nachlasses zu orientieren. Ist der Erbe unbekannt, wird ein Bedürfnis für eine Nachlasspflegschaft zum Zweck der Ermittlung der Erben auch ohne Gefährdung des Nachlassvermögens zu bejahen sein, wenn ohne diese Ermittlung die Erben von dem Nachlass nie erfahren und ihn deswegen nie erhalten würden (so z.B. OLG München 31 Wx 145/18). Eine der zentralen Aufgaben des Nachlasspflegers ist es dann, die Erben zu ermitteln. Daran ändert nach dem OLG München auch der Umstand nichts, dass in Bayern die Erben von Amts wegen zu ermitteln sind. Diese Amtsermittlungspflicht schließt die Übertragung der Erbenermittlung als einer Maßnahme der Nachlasssicherung auf einen Nachlasspfleger nicht aus. Sie hat lediglich zur Folge, dass das Nachlassgericht – abgesehen von seiner Aufsichtspflicht - die Erbenermittlung des Nachlasspflegers weiterhin zu fördern und in angemessenen Zeitabständen zu überwachen hat. Nach eigener Erfolglosigkeit des Nachlasspflegers kann auch die Einschaltung eines gewerbsmäßigen Erbenermittlers durch ihn pflichtgemäß sein. Ein Miterbe darf grundsätzlich nicht allein über den Nachlass verfügen, darüber müssen alle Miterben einvernehmlich entscheiden. Mit einem Teilerbschein können Sie bzw. die bekannten Erben maximal über Ihren Erbteil verfügen. Ein Teilnachlasspfleger kann für den von ihm vertretenen unbekannten Miterben an einer von anderen Miterben betriebenen Auseinandersetzung mitwirken. So könnte auch versucht werden, die Abwicklung bei der Fondsgesellschaft zu veranlassen. Überdies empfehle ich Ihnen, sich durch einen Rechtsanwalt unterstützen zu lassen.

 

Theresa P.: "Ich möchte, dass mein Neffe einmal mein Auto bekommt. Das Problem ist, dass ich ihm das wohl nicht per Testament vermachen kann. Denn mein Mann wurde vor ein paar Jahren durch Gutgläubigkeit in seiner kleinen Firma mittellos. Auch ich habe mit meiner Lebensversicherung und Ersparnissen einen Teil der damals entstandenen Schulden mit abbezahlt. Für den Rest der Schulden mussten wir einen Ratenvertrag abschließen. Diesen zahle ich monatlich - und wohl noch den Rest meines Lebens (ich bin über 80) - allein von meiner Rente ab. Im übrigen leben mein Mann und ich äußerst sparsam von meiner Rente und Pflegegeld. Vermögen haben wir nicht mehr. Ich habe nur noch mein kleines Auto. Wenn ich ein Testament nur für das Auto schreibe, würde mein Neffe als mein einziger Erbe wohl auch unseren ruinösen Vertrag miterben, was ich unbedingt verhindern muss. Derzeit brauche ich mein Auto aber noch. Ich kann es ihm auch noch nicht übertragen. Wie kann ich meinem Neffen das Auto bei meinem Tod vermachen, ohne dass er in meine Schulden involviert wird? Kann ich ihm vielleicht einfach den Kfz-Brief geben und er kann das Auto nach meinem Tod einfach auf sich ummelden?"


Markus Kühn: Wenn Sie kein Testament machen, erben Ihre nächsten Verwandten Ihr Vermögen und Ihre Schulden. Schlagen alle die Erbschaft aus, bleibt der Staat als Erbe übrig, der zwar nicht ausschlagen kann, die Haftung aber auf den Nachlass – zu dem dann auch das Auto gehören würde – begrenzen kann. Wenn Sie Ihren Neffen als Erben in einem Testament einsetzen oder er als ihr einziger Verwandter gesetzlicher Erbe wird, haftet er auch für die Schulden. Will er die Erbschaft ausschlagen, gilt das „Alles oder Nichts-Prinzip“. Er kann also die Ausschlagung nicht nur auf die Verbindlichkeiten beschränken und das Auto behalten.

Setzen Sie eine andere Person als Erbe ein und belasten diese mit einem Vermächtnis, das Auto an den Neffen herauszugeben, könnte der Erbe – sofern er nicht ausschlägt - bei Überschuldung des Nachlasses die Herausgabe des Vermächtnisses verweigern. Die Übergabe des Kfz-Briefs allein ändert nichts an den Eigentumsverhältnissen. Sie bleiben Eigentümer und nach Ihnen geht das Eigentum auf den Erben über. Schenken Sie dem Neffen das Auto, könnte diese Schenkung möglicherweise nach ihrem Tod im Rahmen eines Nachlassinsolvenzverfahrens rückgängig gemacht werden, sofern dann noch keine vier Jahre vergangen sind. Das gilt aber grundsätzlich nur, wenn das Auto einen nicht nur geringen Wert hat.

 

Hans R.: "Mangels pflichtteilsberechtigter Angehöriger habe ich eine Cousine testamentarisch als Erbin bedacht. Ich habe verfügt, dass sie Vermächtnisse für vier weitere Cousinen und von mir ausgewählte gemeinnützige Organisationen zu befriedigen hat und nach meinem Tod für die Haushaltsauflösung zu sorgen. Nun ist die beauftragte Cousine auch schon 72 Jahre alt und ich befürchte, dass ich sie mit der ganzen Nachlassregelung überfordere (obwohl es eigentlich nicht kompliziert ist, keine Immobilien zum Beispiel). Kann die Cousine, wenn es ihr zu viel wird, einen Testamentsvollstrecker beauftragen? Oder müsste ich das noch veranlassen? Ich habe Sorge, dass ein Testamentsvollstrecker Missbrauch mit dem Erbe treibt. Wie kann man das verhindern? Und wie bemisst sich die Vergütung für einen Testamentsvollstrecker ungefähr?"


Markus Kühn: Wenn Sie eine Testamentsvollstreckung für Ihren Nachlass möchten, müssen Sie dies in Ihrem Testament anordnen, Ihre Cousine kann dies nicht. Sie können höchstens bestimmen, dass ein Dritter – so auch Ihre Cousine – die Person des Testamentsvollstreckers bestimmen darf. Ob der Nachlass aber unter der Vserwaltung eines Testamentsvollstreckers steht, müssen Sie im Testament festlegen. Ein Testamentsvollstrecker hat diverse Pflichten. Nach dem Gesetz ist er unter anderem zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet und hat die Anordnungen des Erblassers umzusetzen. Er muss zum Beispiel auch dem Erben ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände vorlegen und hat ihm Rechnung über seine Tätigkeit abzulegen. Verletzt er die ihm obliegenden Verpflichtungen, kann er sich gegenüber Erben und Vermächtnisnehmern schadensersatzpflichtig machen. Sofern der Erblasser keine konkrete Vergütung im Testament vorschreibt, kann der Testamentsvollstrecker für seine Tätigkeit eine angemessene Vergütung verlangen, die sich in der Praxis häufig nach Richtlinien wie zum Beispiel der des Deutschen Notarvereins richtet. Dabei sind gestaffelte Vomhundertsätze des Bruttonachlasses üblich. Unter anderem die Höhe des Nachlasses als auch die Schwierigkeit der Tätigkeit sind zu berücksichtigen. Wenn Sie keine Testamentsvollstreckung anordnen und Ihre Cousine sich überfordert fühlt, steht es ihr aber auch frei, sich durch einen Anwalt beraten und vertreten zu lassen.

 

Margot G.: Ich habe von einer Tante in einem anderen Bundesland ein Haus geerbt, kann es zurzeit aber nicht bewohnen. Ich möchte nun meine Tochter dort einziehen lassen. Muss ich von ihr Miete erheben, um keinen Ärger mit dem Finanzamt zu bekommen? Sie soll lediglich die Nebenkosten tragen.


Markus Kühn: Sie müssen von Ihrer Tochter keine Miete verlangen. Es steht Ihnen frei, was Sie mit Ihrer Immobilie machen. Die kostenlose Überlassung von Wohnraum wird zivilrechtlich und schenkungssteuerlich von der wohl herrschenden Ansicht nicht als Schenkung angesehen, zumindest, wenn die Einräumung des Nutzungsrechts nicht auf dinglicher Grundlage (wie zum Beispiel bei einem Nießbrauch) erfolgt. Wenn Sie keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielen, können Sie aber auch keine Werbungskosten steuerlich geltend machen. Werbungskosten sind alle Aufwendungen eines Eigentümers zum Erwerb, zur Sicherung und zur Erhaltung der Mieteinnahmen. Dazu zählen zum Beispiel Kosten für Reparaturen, Verwaltung oder bestimmte Versicherungen. Um den vollen Werbungskostenabzug zu erhalten, müsste die Miete mindestens 66% der ortsüblichen Miete betragen. Auch sonst sollte dann die Vermietung so sein wie unter Fremden üblich. Nebenkosten sollten ebenfalls wie unter Fremden üblich abgerechnet werden, damit das Mietverhältnis steuerlich anerkannt würde. Beträgt die Miete weniger als 66% der ortsüblichen Marktmiete (ortsübliche Kaltmiete zuzüglich der umlagefähigen Kosten), geht das Finanzamt von einer teilentgeltlichen Vermietung aus und kürzt die Werbungskosten anteilig.

 

Herbert L.: Ich habe von meinem Patenonkel, der nun verstorben ist, vor 30 Jahren eine Immobilie geschenkt bekommen. Dafür habe ich ihm eine monatliche Rente bezahlt. Die letzten 5 Jahre war er im Pflegeheim. Er hatte nur eine kleine Rente plus meiner, den Rest der Heimkosten hat das Sozialamt übernommen. Laut Testament bin ich Alleinerbe, es ist keine Erbmasse vorhanden, ich habe die Beerdigung bezahlt. Kann das Sozialamt die übernommenen Heimkosten von mir zurückverlangen? Soll ich das Erbe ausschlagen?


Markus Kühn: Ein Erbe ist grundsätzlich zur Erstattung der vom Sozialamt aufgebrachten Pflegeheimkosten verpflichtet (§ 102 SGB XII). Die Ersatzpflicht besteht für die Kosten der Sozialhilfe, die innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden sind und die das Dreifache des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 übersteigen. Der Erbe haftet aber nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses. Auch wird eine Erstattung nicht geltend gemacht, soweit die Inanspruchnahme des Erben nach der Besonderheit des Einzelfalles eine besondere Härte bedeuten würde. Da nach Ihrer Schilderung kein Nachlass vorhanden ist, kommt eine Haftung für die Heimkosten wohl nicht in Betracht. Eine Ausschlagung wäre zu überlegen, wenn weitere Schulden vorhanden sind.

 

Hans F.: "Ich wohne zur Miete in einer Wohnung, die inzwischen meiner Enkelin gehört. Es ist eine Grundschuld dieser Wohnung auf meinen Namen eingetragen. Wenn ich sterben sollte, geht die Grundschuld automatisch auf meine Frau über? Muss ich etwas unternehmen, damit sie auf meine Frau übergeht?"


Markus Kühn: Ein Grundstück kann mit einer Grundschuld dahingehend belastet werden, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist (§ 1191 BGB). Ob noch Verbindlichkeiten bestehen, für die die Grundschuld als Sicherheit dient, schreiben Sie nicht. Eine Grundschuld unterscheidet sich von einer Hypothek dadurch, dass die Grundschuld nicht automatisch erlischt, wenn ein gesicherter Kredit abgezahlt ist. Häufig verbleibt die Grundschuld noch im Grundbuch, auch wenn die Schulden schon längst getilgt sind. Es besteht kein Zwang, den Eintrag nach Tilgung der Schulden zu löschen. So wie ich Sie verstehe, sind Sie der Sicherungsnehmer (Gläubiger) der Grundschuld, könnten also von Ihrer Enkelin gegebenenfalls Zahlung aus der Grundschuld verlangen. Wenn Sie sterben, treten Ihre Erben in Ihre Rechte und Pflichten ein, vererbbar sind alle Rechte, die nicht höchstpersönlich sind. Hierzu gehören auch dingliche Rechte wie eine Grundschuld. Ist Ihre Frau Ihre Alleinerbin, übernimmt Sie auch die Grundschuld allein. Beachten Sie: Nur wenn Sie ein Testament gemacht haben, erbt Ihre Frau allein. Ansonsten entsteht bei gesetzlicher Erbfolge eine Erbengemeinschaft mit Ihren Kindern (oder Enkeln, soweit Kinder vorverstorben sind).

 

Ulrich D.: "Meine Frau und ich haben unseren Neffen und unsere Nicht zu unseren Betreuern bestellt, wenn wir einmal nicht mehr in der Lage sein sollten, unsere Angelegenheiten selbst zu regeln. Im Zuge dessen haben wir auch Vollmachten für unsere Bankkonten erteilt. Dies haben wir auf einem entsprechenden Formular bei unserer Bank eingereicht, die Original-Vollmachten aber behalten mit der Maßgabe, die Vollmachten sollen erst beim Eintritt des Betreuungsfalles an die Bevollmächtigten ausgehändigt werden. Nun hat uns die Bank aufgefordert, die Originale vorzulegen, damit diese ins System aufgenommen und aufbewahrt werden können. Das haben wir getan. Damit können die Betreuer schon jetzt über unsere Konten verfügen, was wir nicht wollten. Als Begründung hieß es, die Vollmachten müssten zeitnah vorgelegt werden, weil sie bei späterer Vorlage nicht mehr akzeptiert würden. Außerdem habe die Deutsche Bank ihren Namen geändert (Privat- und Firmenkundenbank AG). Das kann doch kein Grund sein, dann würden ja alle alten Formulare nicht mehr gelten. Was sagen Sie?"



Markus Kühn: Aus Ihrer Schilderung wird nicht ganz klar, ob Sie Ihren Verwandten eine Vorsorgevollmacht erteilt haben oder nur eine Betreuungsverfügung erstellt haben. Bei letzterer erteilten Sie für den Fall, dass eine Betreuung für Sie nötig werden sollte, eine Weisung an das Betreuungsgericht, wen dieses dann als Betreuer einsetzen soll. Bei einer Vorsorgevollmacht muss hingegen kein Gericht eingeschaltet werden, der Bevollmächtigte kann Sie ohne weitere gerichtliche Bestellung vertreten. Bei einer (Vorsorge-)Vollmacht ist immer zwischen dem sogenannten Außen- und Innenverhältnis zu unterscheiden. Im Außenverhältnis dürfen ein Geschäftspartner, Behörden und sonstige Dritte auf den Inhalt der Vollmacht vertrauen, wenn diese im Original oder – bei notariell beurkundeter Vollmacht – in Ausfertigung dem Bevollmächtigten ausgehändigt wurde und dieser sie dem Dritten vorlegt. Ihr Neffe und Ihre Nichte könnten Sie mit einer solchen Vollmacht also schon dann wirksam vertreten, wenn Sie die Vollmachtsurkunde besitzen. Im Innenverhältnis können Vollmachtgeber und Bevollmächtigter (am besten schriftlich) regeln, wie weit die Befugnisse des Bevollmächtigten gehen. Aber auch, wenn der Bevollmächtigte dann seine im Innenverhältnis festgelegten Befugnisse überschreitet, sind seine Rechtshandlungen im Außenverhältnis grundsätzlich wirksam. Er macht sich dann aber schadensersatzpflichtig gegenüber dem Vollmachtgeber. Auch gegenüber der Bank würde grundsätzlich eine Vorsorgevollmacht zur Legitimation reichen. Banken wollen aber ungern Vollmachten auf ihre Rechtswirksamkeit prüfen, deshalb ist es zur Streitvermeidung sinnvoll, daneben auch Bankvollmachten auf den bankeigenen Vorlagen zu erteilen. Dabei kann die Bank vorgeben, dass diese zeitnah zur Bevollmächtigung vorgelegt wird. Sollten Sie nur eine Betreuungsverfügung erstellt haben, könnten sich die gerichtlich bestellten Betreuer auch mit ihrer Bestallungsurkunde (Betreuerausweis) gegenüber der Bank legitimieren. Der Vorteil einer Bankvollmacht ist, dass der Bevollmächtigte sofort handlungsfähig ist und nicht das Betreuungsverfahren abwarten muss.

Heidi H.: "Von der Familie meines Mannes leben nur noch mein Mann und eine Schwester, außerdem unser Sohn und drei Neffen. Wenn die Schwester vor meinem Mann stirbt und er das Erbe ausschlägt, kann er dann trotzdem zur Übernahme der Bestattungskosten verpflichtet werden? Es ist anzunehmen, dass beim Tode seiner Schwester kein Nachlassvermögen vorhanden sein wird."


Markus Kühn: Ich gehe davon aus, dass die Neffen nicht die Kinder der Schwester, sondern anderer vorverstorbener Geschwister Ihres Mannes sind, denn sonst würden grundsätzlich diese und nicht Ihr Mann erben. Die Bestattungskosten sind von den Erben zu tragen. Hat die Schwester kein Testament gemacht, gilt die gesetzliche Erbfolge. Danach würden zunächst Ihr Mann und die drei Neffen erben. Sind die drei Neffen Kinder eines vorverstorbenen Geschwisters würden Ihr Mann ½ und die Neffen je 1/6 erben, da die Neffen dann in die Erbstellung des verstorbenen Elternteils eintreten. Gab es beispielsweise drei weitere vorverstorbene Geschwister mit je einem Sohn, erbt hingegen jeder Stamm ¼. Wenn Ihr Mann die Erbschaft ausschlägt, tritt Ihr Sohn an seine Stelle. Würden alle Erben ausschlagen, sodass nur noch der Fiskus als Erbe übrigbleibt, könnte dieser seine Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten (zu denen auch die Beerdigungskosten zählen) auf den Nachlass beschränken. Ist der Nachlass wertlos oder überschuldet, könnten dann die Totenfürsorgepflichtigen für die Beerdigungskosten aufkommen müssen. Das sind die nächsten Angehörigen, soweit die Verstorbene keine andere Person bestimmt hat. In diesem Fall könnte Ihr Mann herangezogen werden.

 

Inge C.: "Vor sechs Jahren starb mein Vater in der Schweiz. Wir sind drei Geschwister in Deutschland, unsere Mutter lebt aber noch dort in der Schweiz. Die älteste Schwester hat sich nach dem Tod unseres Vaters den uneingeschränkten Zugriff auf das Vermögen unserer Mutter gesichert, d.h. sich alle Vollmachten von ihr ausstellen lassen, die möglich sind. Meine Mutter ist in finanziellen Dingen nicht nur vollkommen unbedarft, sondern auch zunehmend dement. Eine Kontrolle der Handlungen meiner Schwester war von Anfang an nicht gegeben. Diese weigert sich zudem seit dem Tod meines Vaters, mit mir zu sprechen und sie hat weiterhin sämtliche Unterlagen aus dem Hause meiner Mutter entfernt, so dass ich nichts erfahren kann, was die Verwaltung des Vermögens betrifft. Gibt es für mich eine Möglichkeit, an Informationen zu kommen bzw. die Verwaltung kontrollieren zu lassen?"


Markus Kühn: Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz können Menschen mittels einer Vorsorgevollmacht (in der Schweiz heißt sie Vorsorgeauftrag) bestimmen, wer für sie wichtige Entscheidungen treffen darf, wenn sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Zu den regelbaren Bereichen gehören unter anderem Aspekte der Gesundheits- und Vermögenssorge, die Vertretung gegenüber Behörden sowie Regelungen zum Aufenthalt. Ziel einer Vorsorgevollmacht ist unter anderem auch, eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden. In der Schweiz muss die ohne einen Notar erstellte Vorsorgevollmacht anders als in Deutschland seit 2013 komplett handschriftlich verfasst sein. Von der zuständigen Behörde in der Schweiz wird überdies geprüft, ob der Vorsorgeauftrag korrekt erstellt wurde und die beauftragte Person in der Lage ist, für den anderen zu sorgen. Sofern Ihre Mutter bei Ausstellung der Vorsorgevollmacht (und weiterer Vollmachten) geschäftsfähig war, hat sie sich bewusst für ihre Schwester als ihre „Betreuerin“ entschieden. Einen Anspruch, die Vermögensverwaltung der Schwester zu überprüfen, haben Sie grundsätzlich nicht. Bei Gefahr des Missbrauchs einer Vorsorgevollmacht kann in Deutschland das Betreuungsgericht einen Kontrollbetreuer bestellen. Sofern Sie nach dem Tod Ihrer Mutter (Mit-)Erbin werden, kommen aber Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche gegen die Schwester in Betracht. In der Schweiz kann die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde ebenfalls erforderliche Maßnahmen zum Schutz des Vorsorgeauftraggebers treffen, wenn die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet sind. Ich rate Ihnen, sich wegen der Rechtslage in der Schweiz nötigenfalls an einen dortigen Rechtsanwalt zu wenden.

 

Friederike M.: "Kann das Amtsgericht einen Nachlasspfleger bestellen, obwohl ein notarielles Testament vorliegt? Selbstverständlich hätte der testamentarische Erbe für die Verwaltung des Nachlasses gesorgt, aber der gerichtliche Betreuer verweigerte die Herausgabe der für die Verwaltung relevanten Unterlagen. Und das Betreuungsgericht verweigerte die Einsicht in die Betreuungsakte. Der Erblasser errichtete das notarielle Testament, während er unter gerichtlicher Betreuung stand. Sowohl der Hausarzt als auch jener gerichtliche Gutachter, welcher von diesem Amtsgericht anlässlich der Einrichtung der Betreuung herangezogen wurde, bestätigten die Testierfähigkeit des Erblassers."


Markus Kühn: Die Nachlasspflegschaft ist eine Fürsorgemaßnahme des Nachlassgerichts zugunsten des endgültigen Erben und des Nachlasses. Der Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter der – noch unbekannten – Erben. Seine Aufgabe ist es, den Nachlass bis zur Ermittlung der Erben zu sichern und zu verwalten. Ein Erbe gilt als bekannt, wenn für sein Erbrecht ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegt, volle Gewissheit kann nicht verlangt werden. Ein „bloßer Zweifel“ (im Gegensatz zu einem „erheblichen“ oder „ernsten“) an der Gültigkeit eines Testaments genügt nicht. Unbekannt ist der Erbe zum Beispiel; wenn mehrere Testamente vorliegen, aber ungewiss ist, welches davon gültig ist. Die Nachlasspflegschaft ist aufzuheben, wenn die Rechtsunsicherheit bezüglich der Erbenermittlung beziehungsweise das Fürsorgebedürfnis für den Nachlass entfallen ist. Dies ist in der Regel mit Erteilung eines Erbscheins der Fall. Ob Sie einen Erbschein beantragt haben, geht aus Ihrer Schilderung nicht hervor. Zur Aufhebung einer Nachlasspflegschaft durch das Nachlassgericht genügt aber nach Ansicht des OLG München auch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Person Erbe geworden ist, letzte Gewissheit ist nicht erforderlich. Ein im Betreuungsverfahren erstelltes psychiatrisches Sachverständigengutachten stellt im Erbscheinserteilungsverfahren in der Regel keine tragfähige Entscheidungsgrundlage über die Testierfähigkeit dar. Das Nachlassgericht muss selbst - meist ebenfalls durch einen Sachverständigen - ermitteln, ob der Erblasser testierfähig war. Gegen die Anordnung der Nachlasspflegschaft kann ein Erbe beziehungsweise wer für sich in Anspruch nimmt, Erbe zu sein, grundsätzlich auch innerhalb eines Monats Beschwerde einlegen. Erst nach der Aufhebung der Nachlasspflegschaft kann die Herausgabe des von dem Nachlasspfleger in Verwahrung genommenen Nachlasses vom Erben gefordert werden.

 

Heinrich G.: "Meine Frau und ich leben seit Beginn unserer Ehe in Gütergemeinschaft. Ich bin Beamter und meine Frau ist damit ebenfalls beihilfeberechtigt. Durch steigende Mieteinnahmen, die uns durch die Gütergemeinschaft zu gleichen Teilen steuerlich angelastet werden, wird meine Frau demnächst die Bemessungsgrenze der Beihilfe von 18.000 Euro übersteigen. Um dies zu vermeiden und auch, um allmählich unseren Besitz in die Hände unserer Kinder zu übergeben, möchten wir jedem unserer beiden Kinder eine Immobilie überschreiben und uns den Nießbrauch dafür zusichern lassen. Da sich damit steuerlich aber nichts ändern würde, würden wir gern wissen, ob es bei der Gütergemeinschaft möglich und erlaubt ist, dass der Nießbrauch dieser Immobilien allein auf mich übertragen wird?"


Markus Kühn: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind Ehegatten bei der Gütergemeinschaft grundsätzlich jeweils zur Hälfte steuerlich zuzurechnen. Das folgt nicht nur daraus, dass beiden das Vermögen zu gleichen Teilen gehört. Denn bei dieser Einkunftsart ist das Eigentum nicht maßgebend. Vielmehr handelt es sich auch kraft Gesetzes um eine Verwaltung des und für Rechnung des Gesamtguts. Einkünfte aus der gemeinschaftlichen Mietsache sind daher als gemeinsame Früchte den Ehegatten je zur Hälfte zuzurechnen. Dem steht es auch nicht entgegen, wenn nur ein Ehegatte als alleiniger Verwalter der Immobilie im Außenverhältnis auftritt. Denn auch dem anderen Ehegatten steht aufgrund seiner güterrechtlichen Stellung im Innenverhältnis die für die Einkünftezurechnung erforderliche Verfügungs- beziehungsweise Verwaltungsbefugnis zu. Die Überlassung des Gebrauchs der Immobilien gegen Entgelt wird also von den Ehegatten gemeinsam erbracht, unabhängig davon, ob das Verwaltungsrecht güterrechtlich nur einem oder beiden Ehegatten zusteht. Daran ändert sich m.E. auch nichts dadurch, dass nur ein Ehegatte nach einer Übertragung einer Immobilie den Nießbrauch erhält. Auch dann erzielt er Einkünfte für das Gesamtgut, die wiederum beiden zuzurechnen sind.

 

Werner S.: "Wie ist die derzeitige Gesetzeslage wenn eine alleinerziehende Mutter Sozialhilfe in Anspruch nehmen muss und als Erbe ihrer Großeltern ein gewisser Geldbetrag zu gesprochen wird? Muss sie in diesem Falle die ihr gewährte Sozialhilfe zurück erstatten?"

Markus Kühn: Sozialhilfe erhält nur derjenige, der hilfebedürftig ist, also seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten kann, insbesondere aus seinem Einkommen und Vermögen. Vermögen ist grob gesagt alles, was man bei Beginn des Bezugs von Leistungen bereits hat, Einkommen ist alles, was man während des Bezugs wertmäßig dazu erhält. Wenn man während des Bezugs von Sozialhilfe etwas erbt, stellt dies somit Einkommen dar. Der Leistungsträger teilt diese einmalige Einnahme auf einen angemessenen Zeitraum auf und setzt sie monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag an. Insoweit hat die Erbin dann keinen oder nur einen geringeren Leistungsanspruch und muss die Erbschaft zunächst verbrauchen. Grundsätzlich ist die bereits erhaltene Sozialhilfe von ihr aber nicht zurückzuzahlen, die Erbschaft führt zunächst nur zu einem Wegfall der Sozialhilfe für die Zukunft.

 

Bettina S.: "Meine Mutter (79) besitzt ca. 150.000 EUR in europäischen Festgeldanlagen. Da sie eine sehr niedrige Rente hat, hat sie eine NV-Bescheinigung des Finanzamtes. Nun möchte sie mir als ihre Tochter die Festgeldanlagen zu Lebzeiten als Schenkung übertragen. Kann die Schenkung trotzdem vereinbart werden, obwohl die Gelder fest auf meine Mutter angelegt sind und die Laufzeit erst in ca. 3-4 Jahren endet? Wie ist die Schenkung in diesem Fall zu formulieren?"


Markus Kühn: Ein Schenkungsvertrag muss zu seiner Wirksamkeit grundsätzlich notariell beurkundet werden. Wird diese Form nicht eingehalten, wird der Formmangel aber dadurch geheilt, dass die versprochene Leistung „bewirkt“ – also vollzogen - wird. Sie können also im Innenverhältnis mit Ihrer Mutter sogar mündlich (aus Beweisgründen aber besser schriftlich) die Schenkung des Festgelds vereinbaren und den Vollzug dadurch vornehmen, dass Sie beide bei der Bank die Umschreibung des Festgelds auf sich beantragen.

 

Margit B: "Meine Mutter hat mit 82 Jahren ihr Testament bei einem Notar gemacht und hinterlegt. In diesem Testament wurden ihre drei Kinder gerecht bedacht. Da ich mich seit Jahrzehnten um alle Belange meiner Mutter und auch um sie kümmerte, hatte ich die Generalvollmacht mit Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung. Auf Drängen meines Bruders und seiner Frau hat sie jetzt ohne mich oder meine Schwester zu informieren das Haus und Grundstück meinem Bruder übertragen, der sich nie um sie kümmerte. Einzelheiten aus diesem Vertrag sind uns nicht bekannt. Mir hat sie alle Vollmachten entzogen. Meiner Mutter geht es sehr schlecht. Ihr ganzes Wesen hat sich verändert. Sie ist depressiv, manchmal aggressiv, hat keine Lust zu essen. Wir machen uns Sorgen! Was raten sie uns? Wie müssen oder sollen wir reagieren? Kann meine Mutter diese Übertragung, vorausgesetzt sie möchte es, wieder rückgängig machen? An wen kann ich mich wenden?"


Markus Kühn: Sofern Ihre Mutter bei der Übertragung des Hauses geschäftsfähig war – wovon sich der Notar grundsätzlich überzeugen sollte – kommt eine Rückgängigmachung grundsätzlich nur infrage, wenn dafür bestimmte Bedingungen im Notarvertrag vereinbart und erfüllt wurden oder wenn gesetzliche Rückforderungstatbestände (wie zum Beispiel Verarmung des Schenkers) vorliegen. Daneben käme eine Anfechtung in Betracht, wenn Ihre Mutter einem Irrtum unterlag oder durch Täuschung oder Drohung zur der Übertragung veranlasst wurde.

Wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Vorsorgebevollmächtigter von der ihm eingeräumten Befugnis zum Nachteil des Vollmachtgebers Gebrauch macht, kann das Betreuungsgericht einen sogenannten Kontrollbetreuer einsetzen. Mit diesem kann für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und ggf. die Vollmacht zu widerrufen. Eine Kontrollbetreuung darf jedoch wie jede andere Betreuung nur dann errichtet werden, wenn sie erforderlich ist. Dies erfordert immer eine Einzelfallbetrachtung. Das Bedürfnis nach einer Kontrollbetreuung kann nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen. Denn der Vollmachtgeber hat die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall bestellt, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine gerichtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden. Dieser Wille ist auch bei der Frage der Errichtung einer Kontrollbetreuung zu beachten. Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen. Notwendig ist mithin der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil die zu besorgenden Geschäfte von besonderer Schwierigkeit und/oder besonderem Umfang sind oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Auf einen Missbrauch der Vollmacht oder einen entsprechenden Verdacht kommt es nicht an. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt. Da ich hier nur allgemeine Hinweise geben kann, empfehle ich Ihnen, sich anwaltlich unterstützen zu lassen.

 

Heidi R.: "Wir sind in 2. Ehe verheiratet, beide haben wir je ein Kind aus erster Ehe. Mein Mann hat aus seinem Vermögen ein 2-Familien-Haus gebaut. Darauf möchte ich jetzt mit meinem Geld aufstocken. Das 2-Familien-Haus soll testamentarisch an die Tochter meines Mannes gehen, der Neubau/Aufstockung soll mir gehören (per Schenkung) und später automatisch an meinen Sohn gehen. Wir wollen uns einen Niesbrauch auf die gesamte Immobilie eintragen lassen, falls ein Partner stirbt. Dabei würde das jeweilige Kind des Verstorbenen den entsprechenden Immobilienanteil erben, hätte aber keinen Zugriff auf die Immobilie und hätte auch kein Recht, einen Pflichtteil zu verlangen.

Geht diese Art der Gütertrennung und was müssten wir veranlassen? Was wäre der günstigste Weg um unsere Ziele zu erreichen? Was kostet der Niesbrauchseintrag? Gibt es eine bessere Lösung?"


Markus Kühn: So wie Sie sich das vorstellen, geht das leider nicht. Wenn Sie das Haus aufstocken, ist grundbuchmäßiger Eigentümer der Eigentümer des Grundstücks, also Ihr Mann. Wenn Sie die „Immobilienteile“ auch rechtlich separieren wollen, müssen diese zum Beispiel als Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) aufgeteilt werden (wie bei Eigentumswohnungen). Das Wohnungseigentum ist immer mit einem Miteigentumsanteil an den gemeinschaftlichen Flächen verbunden. Eine Realteilung, also die Aufteilung in zwei grundbuchmäßige Flurstücke, dürfte bei der Aufstockung nicht möglich sein. Der jeweilige WEG-Eigentümer kann dann dem anderen einen Nießbrauch oder ein Wohnrecht an seinem Eigentum einräumen und sie können die verschiedenen „Immobilienteile“ auch separat an ihre eigenen Kinder vererben. Zur Bildung von Wohnungseigentum oder Teileigentum muss der Eigentümer eine Teilungserklärung beim Grundbuchamt abgeben oder einen Teilungsvertrag abschließen. Für beides benötigen Sie einen Notar, der Sie auch über die entstehenden Kosten aufklärt, die sich grundsätzlich nach dem Wert der Immobilie richten.

 

Peter H.: "Vergangenen Oktober ist meine Mutter verstorben. Sie hatte kein Testament. Neben Anteilen an Immobilien hatte meine Mutter zusammen mit meinem Vater zwei Gemeinschaftskonten, eines davon im 7-stelligen Bereich. Richtig ist, dass das Geld auf diesen Konten zweifellos von meinem Vater eingebracht worden ist. Meine Mutter war seit 1972 durch einen Unfall schwerbeschädigt. Es gibt aber keine schriftliche Vereinbarung darüber, dass Ihr und den Erben im Todesfall der 50% Anteil nicht zusteht. Ganz im Gegenteil, auf dem Konto mit dem höheren Betrag ist bei der Bank eine schriftliche Vereinbarung meiner Eltern hinterlegt, aus der hervorgeht, dass meine Mutter wirtschaftliche Berechtigte ist. Das hat mir die Bank auf Nachfrage bestätigt. Wie ist die Rechtslage? Mein Vater will hier keinen Cent rausrücken. Dennoch möchten ich und meine Brüder ungern auf ein Recht verzichten."


Markus Kühn: Nach der Vermutungsregel des § 430 BGB stehen den Inhabern eines Gemeinschaftskontos gleiche Anteile an diesem Konto zu. Diese Vermutungsregel soll auch dem verbreiteten Verständnis der ehelichen Lebensgemeinschaft als Risiko- und Schicksalsgemeinschaft Rechnung tragen. Beide Eheleute sollen grundsätzlich an dem während der Ehe Erarbeiteten beteiligt werden. Von der Auslegungsregel kann abgewichen werden, wenn ein anderer Teilungsmaßstab als die vom Gesetz vermutete hälftige Beteiligung von den Ehegatten vereinbart worden ist. Eine solche abweichende Vereinbarung muss nicht ausdrücklich erfolgt sein, sie kann sich auch aus den Umständen ergeben. Dabei kommt es aber weder auf die Herkunft der Mittel noch auf die Gründe an, die zur Einrichtung des Oder-Kontos geführt haben. Demgemäß genügt es für ein Abweichen von der Vermutungsregel des § 430 BGB nicht, dass das auf dem Konto angesammelte Guthaben ausschließlich oder ganz überwiegend aus dem Arbeitseinkommen eines Ehegatten finanziert worden ist. Die Ausgleichsregel kann aber widerlegt sein, wenn die Mittel nachweislich nur aus dem Vermögen nur eines Ehegatten stammen. Ihr Vater müsste grundsätzlich eine abweichende Vereinbarung beweisen. Wenn Ihr Vater uneinsichtig ist, sollten Sie sich anwaltliche Unterstützung holen.

 

Jörg C.: "Ein Erblasser mit Erben 2. Ordnung und ohne Testament hat einen nicht zu den Erben gehörenden Generalbevollmächtigten in notariellem, hinterlegtem Vertrag über den Tod hinaus mit der Wahrnehmung auch in allen rechtlichen Angelegenheiten betraut. Die Erben bilden eine über die ganze Welt verstreute Erbengemeinschaft. Ist der Generalbevollmächtigte verpflichtet, den Immobilienbesitz und sonstiges Erbe bis zu einer späteren Auseinandersetzung der Erben zu verwalten und zu betreuen? An wen muss sich das Nachlassgericht, an wen die örtlichen Behörden und sonstige Stellen wenden? Muss das stets der Generalbevollmächtigte sein, auch wenn die Auseinandersetzung erst in Jahren erfolgen könnte? Muss der Generalbevollmächtigte bei Bedarf jeden einzelnen Erben kontaktieren, könnten diese einen bevollmächtigten Sprecher benennen?"


Markus Kühn: Ich gehe davon aus, dass es hier um eine sogenannte Vorsorgevollmacht geht, deren Geltung auch über den Tod hinaus festgelegt wurde. Eine solche Vollmacht ermöglicht es dem Bevollmächtigten, auch nach Versterben des Vollmachtgebers unabhängig vom Willen der Erben rechtsgeschäftlich tätig zu werden. Der Bevollmächtigte kann alle Rechtsgeschäfte vornehmen, wie ursprünglich der Erblasser in eigener Person. Welche Pflichten der Bevollmächtigte im Einzelnen – auch nach dem Tod des Vollmachtgebers - hat, kann der Vollmachtgeber außerhalb der Vollmacht individuell mit dem Bevollmächtigten regeln. Ist dies nicht geschehen, müssen die Pflichten des Bevollmächtigten im Einzelfall ausgelegt und bestimmt werden, grundsätzlich kommt das Auftragsrecht der §§ 662 ff. BGB zur Anwendung. Sofern der Bevollmächtigte seine Kompetenzen überschreitet oder seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, kann er unter Umständen gegenüber den Erben haften. Der Bevollmächtigte kann aber seine Vollmacht auch zurückgeben. Er ist grundsätzlich nicht verpflichtet, bis zur Auseinandersetzung der Erben für diese oder den Nachlass tätig zu sein. Er setzt sich damit auch Haftungsansprüchen der Erben aus. Hätte der Erblasser eine Nachlassverwaltung bis zur Auseinandersetzung gewollt, hätte er den Bevollmächtigten grundsätzlich als Testamentsvollstrecker in einem Testament benennen müssen. Eine notariell beurkundete Vollmacht muss bei dem Notar, der die Vollmacht beurkundet hat, zurückgegeben werden. Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen auf die Erben über. Solange über diese noch Ungewissheit besteht, kann das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger einsetzen.

 

Irene S.: "Mein Mann und ich leben im Haus seiner Mutter. Die Mutter lebt seit 2003 in einem Heim für betreutes Wohnen und hat ihm 2007 eine Vorsorge-Vollmacht (mit beglaubigter Unterschrift durch einen Notar) gegeben, in dem auch die Vermögenssorge mit "ja" beantwortet ist. Seit 2009 lebt sie mit Demenz in einem Pflegeheim, sie ist inzwischen 94 Jahre alt. Jetzt möchte der Sohn meines Mannes auf das Einfamilienhaus oben aufbauen und würde viel weniger Kredit bezahlen, wenn man auf das Haus/Grundstück die Lasten eintragen könnte. Mein Mann ist der einzige Sohn, ein Testament von seinen Eltern liegt vor. Darf mein Mann eine Belastung auf das Haus aufnehmen? Was ist dafür nötig? Seine Mutter kann dazu nichts mehr sagen."


Markus Kühn: Bei einer (Vorsorge-)Vollmacht ist immer zwischen dem sogenannten Außen- und Innenverhältnis zu unterscheiden. Im Außenverhältnis dürfen ein Geschäftspartner, Behörden und sonstige Dritte auf den Inhalt der Vollmacht vertrauen, wenn diese im Original oder – bei notariell beurkundeter Vollmacht – in Ausfertigung dem Bevollmächtigten ausgehändigt wurde und dieser sie dem Dritten vorlegt. Die Vorsorgevollmacht muss (nur dann) notariell oder durch die Urkundsperson der Betreuungsbehörde beglaubigt sein, wenn sie den Bevollmächtigten auch zur Verfügung über Grundstücke oder zur Darlehensaufnahme für den Vollmachtgeber berechtigen soll. Im Innenverhältnis können Vollmachtgeber und Bevollmächtigter (am besten schriftlich) regeln, wie weit die Befugnisse des Bevollmächtigten gehen. Aber auch, wenn der Bevollmächtigte dann seine im Innenverhältnis festgelegten Befugnisse überschreitet, sind seine Rechtshandlungen im Außenverhältnis grundsätzlich wirksam. Er macht sich dann aber schadensersatzpflichtig gegenüber dem Vollmachtgeber. Das bedeutet hier: Als Bevollmächtigter seiner Mutter kann Ihr Mann wirksam im Außenverhältnis für diese handeln. Wenn die Vollmachtsurkunde Ihres Mannes nicht ausdrücklich eine Verfügung über den Grundbesitz und dingliche Rechte (z.B. Grundschulden) seiner Mutter ausschließt, kann Ihr Mann wirksam für die Mutter handeln und auch eine Belastung auf das Haus aufnehmen. Dass er damit im Innenverhältnis gegen Weisungen seiner Mutter handeln würde, ergibt sich nach Ihren Angaben wohl nicht.

 

Rosa R.: Ich besitze ein Einfamilienhaus (Baujahr 1966) und habe vier Kinder. Das Erbe eines meiner Söhne unterliegt nach meinem Tod der Testamentsvollstreckung (Behindertentestament). Mein jüngster Sohn hat mir jetzt den Vorschlag gemacht, das Haus an ihn zu verkaufen und ich sollte dann Miete an ihn bezahlen. Was ist hier zu beachten, auch im Hinblick auf die übrigen Kinder?"


Markus Kühn: Ich setze voraus, dass Sie frei über das Haus verfügen können, also nicht zum Beispiel durch ein bindend gewordenes Ehegattentestament mit Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge beschränkt sind. Ich gehe auch davon aus, dass Sie das Haus zu einem angemessenen Preis, also zum Verkehrswert (Marktwert), an Ihren Sohn verkaufen wollen. Ansonsten läge eine sogenannte gemischte Schenkung vor und Sie müssten gegebenenfalls überlegen, ob Sie die anderen Kinder in Höhe des Schenkungsanteils gleichstellen. Auch wären dann besondere einkommen- und erbschaftsteuerliche Folgen bei Ihnen und Ihrem Sohn zu beachten. Zur Ermittlung des fairen Kaufpreises könnten Sie einen Sachverständigen oder Makler hinzuziehen. Mit dem Verkauf scheidet das Haus natürlich aus Ihrem Vermögen aus, Sie können also auch nur den bei Ihrem Tod noch vorhandenen Erlös an Ihre Kinder vererben. Sie müssen sich also um eine sichere und einigermaßen ertragreiche Anlage des Verkaufserlöses Gedanken machen. Bedenken Sie dabei, dass Sie lebenslang Ihre bisherigen Lebenshaltungskosten und die dann neu dazukommende Miete aus Ihrem bisherigen Einkommen und der Anlage des Verkaufserlöses aufbringen müssen.

Sofern Sie sich nicht ein Wohn- oder Nießbrauchsrecht vorbehalten, werden Sie zum „normalen“ Mieter, könnten also im ungünstigen Fall auch gezwungen sein, aus dem Haus auszuziehen. Dafür wäre Ihr Sohn als Eigentümer grundsätzlich für den Unterhalt und Erhalt des Hauses verantwortlich.

 

Ursula K.: "Mein Mann und ich haben letztes Jahr unserer Tochter eine Eigentumswohnung mit Nießbrauch übertragen. Uns wurde damals versichert, dass im Fall einer beruflichen Veränderung bei unserer Tochter (sie ist alleinerziehend, arbeitet Teilzeit und ist daher von Hartz-IV bedroht) kein Nachteil entsteht. Leider ist jetzt der Fall eingetreten. Der Berater bei der Arbeitsagentur sagte ihr, dass sie zwar Hartz IV beantragen kann, aber nur als Darlehen, das sie nach meinem Tod zurückzahlen muss. Stimmt das? Mein Mann ist vor zwei Wochen gestorben."


Markus Kühn: Zunächst möchte ich mein Beileid zum Tod Ihres Mannes ausdrücken. Zu Ihrer Frage: Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV-Leistungen genannt, erhält nur derjenige, der hilfebedürftig ist, also seinen Lebensunterhalt und den der Personen, die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern kann. Ein Antragsteller muss sich bei der Ermittlung seiner Hilfebedürftigkeit natürlich auch eigenes Einkommen und Vermögen anrechnen lassen. Als Vermögen werden grundsätzlich alle verwertbaren Vermögensgegenstände berücksichtigt. Nicht als Vermögen berücksichtigt werden aber unter anderem ein angemessener Hausrat, ein angemessenes Auto und ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Sie schreiben nicht, ob die Eigentumswohnung vermietet ist, Sie also bereits der Tochter gehört, Sie aber die Mieterträge erhalten oder ob Sie darin wohnen. Zumindest Ihre Tochter nutzt aber wohl die Wohnung nicht selbst, sodass sie grundsätzlich als Vermögen bei Ihrer Tochter einzusetzen ist. Soweit aber eine sofortige Verwertung eines Vermögensgegenstands nicht möglich ist oder eine besondere Härte bedeuten würde, werden Hartz-IV-Leistungen als Darlehen erbracht. Das wäre bei Ihrer Tochter der Fall. Sie müsste also nicht die Wohnung verkaufen – was wegen des Nießbrauchs vermutlich auch kaum möglich wäre – sondern würde eben die Leistungen nur darlehensweise erhalten.

 

Irmi K.: "Mein Mann und ich mussten jetzt leider ALG II beantragen. Mein Vater hat mir ein Testament errichtet, aus dem hervorgeht, dass ich Allein- Erbin (habe keine Geschwister, Mutter verstorben) eines Zwei- Familien- Hauses mit ca. 845 qm Grundstück werde. Der Enkel, also mein Sohn, bekommt das Bargeld. Ich weiß natürlich, daß ich dieses Erbe nicht behalten darf, weil es zu groß ist für einen ALG-II-Empfänger. Wenn ich das Grundstück und das Haus nach Ableben meines Vater durch Vermessung teilen ließe, dürfte ich dann die angemessene Hälfte behalten und weiterhin darin wohnen? Dürfte ich die andere Hälfte verkaufen und von dem Geld leben? Müsste ich alles Geld verbrauchen oder hätte ich auch Schonvermögen? Oder darf ich gar nichts haben, weil die Erbschaft ja im Hartz-4- Bezug erfolgt?"


Markus Kühn: Eine Voraussetzung, um Arbeitslosengeld II oder Hartz IV zu erhalten, ist die Hilfebedürftigkeit. Bedürftig ist insbesondere, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Vermögen oder Einkommen sichern kann. Vermögen ist grob gesagt alles, was man bei Beginn des Bezugs von Leistungen bereits hat, Einkommen ist alles, was man während des Bezugs wertmäßig dazu erhält. Wenn man nach dem Bezug von ALG II oder Hartz IV etwas erbt, stellt dies somit Einkommen dar. Der Leistungsträger legt diese einmalige Einnahme auf mehrere Monate um und Sie erhalten keinen oder nur einen geringeren Leistungsanspruch und müssen die Erbschaft zunächst verbrauchen. Von dem Einkommen sind geringe Pauschbeträge von u.a. 30 Euro monatlich für bestimmte Versicherungen und 15,33 Euro für mit der Erzielung von Einkünften verbundene Ausgaben (§ 6 ALG II-V) abziehbar. Wenn Sie somit aufgrund der Erbschaft nicht mehr anspruchsberechtigt sind, erhalten Sie keine Unterstützungsleistungen mehr und können dann mit Ihrem neuen Vermögen grundsätzlich machen, was Sie wollen. Erst wenn Sie Ihr Vermögen bis auf einen Schonbetrag verbraucht haben, werden Sie grundsätzlich wieder leistungsberechtigt. Wenn Sie sich allerdings bedürftig machen, indem Sie die Erbschaft durch Verschwendung und leichtfertiges Wirtschaften „verschleudern“, riskieren Sie, keine oder nur gekürzte Leistungen zu erhalten. Das Schonvermögen (§ 12 SGB II) beträgt maximal je nach Ihrem Alter zwischen 9.750 Euro und 10.050 Euro für jede in einer Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und kann sich noch erhöhen durch einen Grundfreibetrag für minderjährige Kinder (je 3.100 Euro) und insbesondere bestimmte Ausgaben für private Altersversorgung. Als Vermögen nicht zu berücksichtigen wäre dann auch ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe.

 

Thomas S.: "Meine Mutter und ich haben uns nie verstanden und hatten lange Jahre keinen Kontakt mehr. Zwischenzeitlich versuchte ich, wieder Kontakt zu pflegen und sie zog in den Nachbarort in eine Sozialwohnung. Sie ist schwer krank und wird bald das Zeitliche segnen. Doch leider hatten wir wieder Streit und beendeten den Kontakt aufs neue. Muss ich trotzdem als einziger Sohn die Beerdigungkosten nach dem Tod übernehmen, obwohl ich Grundsicherung im Alter beziehe und auch kein Kontakt mehr besteht? Wie sieht es dann mit der Wohnung aus? Kann ich sie eventuell übernehmen und untervermieten, eventuell auch selbst einziehen. Außerdem hörte ich, ich müsse die Miete drei Monate weiterzahlen, im Fall einer Kündigung? Stimmt das?"


Markus Kühn: Die Bestattungskosten muss nach den zivilrechtlichen Regeln der Erbe tragen. Hat Ihre Mutter keinen anderen Erben eingesetzt und hat sie auch keine weiteren nächsten Verwandten, müssten Sie aber selbst dann die Bestattungskosten bezahlen, wenn Sie die Erbschaft ausschlagen. Denn nach den öffentlich-rechtlichen Bestattungsgesetzen und Gemeindesatzungen haben die nächsten Angehörigen die Pflicht, für die Bestattung zu sorgen. Das gilt grundsätzlich auch, wenn diese keinen Kontakt mehr zum Verstorbenen hatten. Unter Umständen springt das Sozialamt ein und erstattet dem Bestattungspflichtigen einen bestimmten Kostensatz, sofern er nicht leistungsfähig ist.

Zu Ihren Fragen zur Wohnung: Lebte ein Erblasser allein in einer Mietwohnung, endet das Mietverhältnis nicht automatisch mit seinem Tod, sondern muss vom Erben oder Vermieter gekündigt werden. Ansonsten wird das Mietverhältnis mit dem Erben fortgesetzt. Die Kündigung muss grundsätzlich innerhalb eines Monats erfolgen. Dann hat der Erbe drei Monate Zeit, die Wohnung auszuräumen und die laut Mietvertrag erforderlichen Arbeiten vorzunehmen. Für diese Zeit muss der Erbe Miete und Nebenkosten zahlen. Da diese Regelung im Mietvertrag abweichend geregelt sein kann, wäre dies hier noch zu prüfen. Einer Untervermietung muss der Vermieter grundsätzlich zustimmen.

 

Ulrike H.: "Wir hatten - jetzt verstorben - eine Nenntante, mit der wir enge Beziehungen pflegten. Sie war mit dem Patenonkel meines Mannes verheiratet, der 1997 verstorben ist. Sie hatte keine Verwandten. Zu Lebzeiten bat sie meinen Mann und mich, nach Ihrem Tod Ihren Nachlass zu regeln. Ein Testament ist vorhanden, in dem sie einige Leute und Institutionen finanziell bedachte. Wir selbst erben nichts. Eine Betreuungsverfügung ist vorhanden. Am Ende sind wohl die Finanzen etwas unübersichtlich für sie geworden. Wir entdeckten dies nach ihrem Ableben. Sie hatte ihr Geld auf mehrere Banken verteilt. Nun stellt sich heraus, dass sie mit einem nicht unerheblichen Betrag bei einer Bank in der Kreide steht. Die Kontostände der anderen Banken habe ich noch nicht gesichtet. Sonstiger Besitz ist nicht vorhanden. Müssen die Schulden bei dieser Bank aus dem Nachlass beglichen werden - es kann sein, dass dann ihr letzter Wille finanziell nicht mehr ganz so durchgeführt werden kann, wie gewünscht. Können wir unsere Kosten in Ansatz bringen (etwa für die Wohnungsauflösung, Entsorgung)? Was ist, wenn sich herausstellt, dass der Nachlass zur Deckung der Verbindlichkeiten nicht reicht?"


Markus Kühn: Für Verbindlichkeiten der Erblasserin haften grundsätzlich deren Erben. Sie müssen das Testament umgehend beim Nachlassgericht abliefern, damit dieses feststellen kann, wer die Erben sind und damit das Gericht diese unterrichten kann. Ein Erbe hat dann sechs Wochen Zeit, zu entscheiden, ob er das Erbe ausschlägt. Sie sollten vorsichtig mit Ihren „Abwicklungshandlungen“ sein. Bevor Sie weitere Maßnahmen ergreifen, sollten Sie das Nachlassgericht kontaktieren. So wie ich es verstehe, liegt ja nur ein mündlich geäußerter Wunsch der Erblasserin vor, dass Sie den Nachlass abwickeln. Eine Betreuungsverfügung gibt Ihnen grundsätzlich keine Vollmachten über Vermögen der Erblasserin zu verfügen, das nach dem Tod der Erblasserin automatisch auf deren Erben übergegangen ist. In einer Betreuungsverfügung wird nur geregelt, wen das Gericht als Betreuer benennen soll, wenn lebzeitig eine Betreuung erforderlich werden sollte. Ob der Erbe aber damit einverstanden ist, dass Sie unter anderem Sachen der Erblasserin entsorgen, könnte fraglich sein. Selbst, wenn Sie eine Vollmacht der Erblasserin erhalten haben, die über ihren Tod hinaus gilt, könnten Sie sich hier Regressansprüchen der Erben aussetzen – auch wenn Sie in bester Absicht handeln. Ihre Kosten könnten Sie von den Erben ersetzt verlangen, wenn Ihre Arbeiten deren Interesse und mutmaßlichen Willen entsprach. Ein oder mehrere Erben müssen grundsätzlich zunächst alle Nachlassverbindlichkeiten berichtigen, bevor sie den Rest unter sich verteilen. Reicht der Nachlass zur Befriedigung aller Gläubiger nicht aus, kann es passieren, dass ein oder mehrere Erben auch mit ihrem persönlichen Vermögen für die Verbindlichkeiten haften, wenn ihre Haftung nicht auf den Nachlass beschränkt ist. Mehrere Erben haften bis zur Teilung des Nachlasses grundsätzlich nur mit ihrem Anteil am Nachlass. Ein Alleinerbe kann die Haftung unter anderem durch die Beantragung einer Nachlassverwaltung auf den Nachlass beschränken. Dann bleiben die Nachlassgläubiger auf ihrem Verlust sitzen.

 

Elisabeth G.: "Wir (mein vor zwei Jahren verstorbener Mann und ich) setzten in unserem Vermächtnis den Sohn meines Mannes als Alleinerben ein. Nach dem plötzlichen Tode meines Mannes war es für mich selbstverständlich, dass ich die Beerdigungskosten übernahm. In Ihrer Rubrik bin ich eines besseren belehrt worden. Kann ich mir diese Kosten nachträglich vom Alleinerben erstatten lassen? Wann ist diese Sache verjährt? Und welche Kosten zählen hierzu? Todesanzeigen in Tageszeitungen? Beerdigungsmahl?"


Markus Kühn: Nach § 1968 des Bürgerlichen Gesetzbuches trägt der Erbe die Kosten der Beerdigung. Derjenige, der die Beerdigung bezahlt hat, hat danach einen Anspruch auf Ersatz der verauslagten Kosten gegen den Erben. Der Erbe muss dabei nach allgemeiner Auffassung die entstandenen Kosten einer standesgemäßen Beerdigung ersetzen, nicht also die Kosten für übertriebene Maßnahmen. Maßstab für eine angemessene Bestattung ist, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen und angemessenen Bestattung gehört. Neben den eigentlichen Kosten der Beerdigung gehören auch die von Ihnen genannten Kosten für Traueranzeigen und Danksagungen sowie die Kosten einer Leichenfeier zu den vom Erben zu ersetzenden Kosten. Die Verjährungsfrist für den Erstattungsanspruch gegen den Erben beträgt drei Jahre.

 

Helga St.: "Einer meiner beiden Brüder ist verstorben und hat sein Vermögen in Form eines Bargeld-Betrages (ca. 30.000,-€) und Immobilien bzw. Immobilien-Anteilen zu etwa gleichen Teilen vererbt an seine Lebensgefährtin, deren Familienangehörige sowie meinem Bruder und mir. Dabei wird der Bargeld-Anteil meinem Bruder und mir vererbt- unser Immobilienanteil ist entsprechend geringer. Die Lebensgefährtin ist der Ansicht, dass alle anfallenden Kosten der Bestattung (knapp 10.000,-€) von uns Geschwistern aus dem Bargelderbe beglichen werden müssten. Für uns logischer wäre doch eine Aufteilung dieser Kosten gemäß dem Wert des Ererbten.“


Markus Kühn: Nach § 1968 BGB trägt der Erbe die Kosten der Beerdigung. Derjenige, der die Beerdigung vorgenommen hat, hat einen Ersatzanspruch gegen den Erben. Bei einer Erbengemeinschaft richtet sich der Anspruch gegen die einzelnen Miterben als Gesamtschuldner. Das bedeutet, das im Außenverhältnis jeder Miterbe für die gesamten Kosten in Anspruch genommen werden kann. Im Innenverhältnis zu den anderen Erben steht ihm dann wiederum ein Ersatzanspruch zu, reduziert um seinen eigenen Anteil an den Bestattungskosten. Die Höhe des von jedem Miterben zu tragenden Anteils bestimmt sich nach seiner Erbquote. Häufig kommt es vor, dass der Erblasser es in seinem Testament versäumt hat, bei einer Mehrheit von Erben eine Bestimmung über die quotale Verteilung des Nachlasses zu treffen. Eine Erbeinsetzung auf einzelne Gegenstände gibt es aber nach dem System des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht. In diesem Fall sind die Zuwendungen von Einzelgegenständen bei der Testamentsauslegung ein Wertmesser für die Erbquoten. Ergibt sich nach dem Vorstellungshorizont des Erblassers, dass er durch die Verteilung der Einzelgegenstände alle Bedachten als Erben zu gleichen Teilen einsetzen wollte, so spricht dies für gleiche Erbquoten. Das würde in Ihrem Fall dann auch bedeuten, dass alle Erben in gleichem Umfang die Beerdigungskosten zu tragen haben und nicht nur die „Bargelderben“.

 

Alexandra H.: "Mein Vater, ich bin seine einzige Tochter, ist Anfang Dezember 2012 gestorben Ich habe eine Stiefmutter, die zwei Söhne hat. Ich wurde von ihr nicht adoptiert. Ich will nicht frech sein, aber habe ich einen Anspruch auf einen Pflichtteil? Woher weiß das Nachlassgericht, dass es mich gibt, wenn aus der Familien niemand etwas von mir erwähnt?"


Markus Kühn: In Bayern hat der Standesbeamte dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er seinen Amtssitz hat, jeden Todesfall mitzuteilen, der ihm angezeigt wird. Ist das Amtsgericht nicht als Nachlassgericht zuständig, hat es die Todesanzeige an das Nachlassgericht abzugeben. Das Nachlassgericht wiederum hat dann die Erben von Amts wegen zu ermitteln, es sei denn, zum Nachlass gehört kein Grundstück und nach den Umständen des Falls ist anzunehmen, dass ein die Beerdigungskosten übersteigender Nachlass nicht vorhanden ist. Von dem Erbfall soll das Nachlassgericht die ermittelten Erben grundsätzlich benachrichtigen. Wenn Ihr Vater kein Testament gemacht hat, sind Sie neben Ihrer Stiefmutter grundsätzlich Erbin zu ein Halb und bilden mit ihr eine Miterbengemeinschaft. Jeder Miterbe ist dabei mit seiner Erbquote am ganzen Nachlass beteiligt. Über einen Nachlassgegenstand können die Miterben unabhängig von Ihrer Erbquote nur gemeinschaftlich verfügen und jeder Erbe kann jederzeit die Auseinandersetzung, also die Aufteilung des Nachlasses verlangen. Als Miterbin können Sie auch einen Erbschein beim Nachlassgericht beantragen.

Hat Ihr Vater Sie enterbt, zum Beispiel dadurch, dass er in einem Testament Ihre Stiefmutter als Alleinerbin eingesetzt hat, steht Ihnen ein Pflichtteil, das ist ein Geldanspruch in Höhe der Hälfte Ihrer gesetzlichen Erbquote - hier also ein Viertel – gegenüber dem Erben zu. Ein Testament ist vom Nachlassgericht zu eröffnen. Dazu hat es die gesetzlichen Erben und sonstige Beteiligte, also auch Sie, zum Eröffnungstermin zu laden oder kann diesen den Inhalt schriftlich mitteilen.

 

Günther K.: "Meine Tante (93) hat keine eigenen Kinder. Ich (76) bin der einzige Neffe und in ihrem Testament bin ich als Alleinerbe eingesetzt. Das heißt, auch ich muss mich um die Beerdigung kümmern und die Wohnung kündigen und ausräumen. Das wird mir alles zu viel. Wie ist es, wenn unsere Tochter Alleinerbin wird? Muss sie auch die ganzen Arbeiten (Beerdigung, Wohnungsauflösung) übernehmen?"


Markus Kühn: Zivilrechtlich muss der Erbe die Kosten der Beerdigung tragen. Demgegenüber regeln die dem öffentlichen Recht zugehörigen Friedhofs- und Bestattungsgesetze der Länder, wer die Pflicht zur Bestattung hat. Danach müssen grundsätzlich die Angehörigen (in einer bestimmten Reihenfolge nach dem Grad der Verwandtschaft) für die Bestattung sorgen. Kommen die Angehörigen der Bestattungspflicht nicht nach, so hat letztlich die zuständige Behörde diese anzuordnen oder auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen.
Um Sie oder Ihre Tochter zu entlasten, könnte die Erblasserin mit Ihrer Unterstützung aber auch schon lebzeitig beispielsweise mit einem Bestattungsvorsorgevertrag mit einem Bestattungsunternehmen ihre dereinstige Bestattung - insbesondere Bestattungsart (Erd- oder Feuerbestattung), -ort und Grabart - regeln. Auch die spätere Grabpflege kann lebzeitig geregelt werden.
Ist Ihre Tante Mieterin einer Wohnung wird das Mietverhältnis mit dem Erben grundsätzlich fortgesetzt, sowohl Erbe als auch Vermieter sind aber berechtigt, das Mietverhältnis innerhalb eines Monats außerordentlich mit der gesetzlichen Frist zu kündigen, nachdem sie vom Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben. Zu Ihren Befürchtungen wegen der Wohnungsauflösung: Wenn Sie sich nicht selbst um die Wohnungsauflösung kümmern können oder wollen, können Sie ein darauf spezialisiertes Unternehmen beauftragen. Auch Bestattungs- und Umzugsunternehmen übernehmen häufig die Auflösung eines Haushalts und damit verbundene Formalitäten.

 

Klaus E.: „Im letzten Jahr verstarb meine Tante (Schwester meines Vaters), alleinstehen und mittellos. Trotz ausgeschlagenen Erbes musste ich für die Bestattungskosten aufkommen. Können Sie mir das erklären?“


Markus Kühn: Die Kosten einer Beerdigung treffen nach § 1968 BGB den Erben. Dazu gehören unter anderem auch die Ausgaben für die üblichen Feierlichkeiten, für das Grabmal und die Erstanlage der Grabstätte. Sind die Kosten vom Erben nicht zu erlangen, haften eventuell vorhandene Unterhaltspflichtige. Davon zu unterscheiden ist die sogenannte Totenfürsorge: Das Recht und die Pflicht, für die Beerdigung des Erblassers zu sorgen und die Art und Weise der Bestattung zu bestimmen, hat nicht unbedingt der Erbe. Falls der Erblasser selbst nichts über die Art seiner Bestattung angeordnet hat, ist es Sache der nächsten Angehörigen zu bestimmen, wo, in welcher Weise und welchem Rahmen die Bestattung erfolgen soll. Ein zur Totenfürsorge verpflichteter, aber nicht erbberechtigter Verwandter kann zivilrechtlich für die ihm entstandenen Beerdigungskosten Ersatz von den Erben verlangen. Er muss aber gegebenenfalls nach den öffentlich-rechtlichen Regelungen in den entsprechenden Friedhofs- und Bestattungsgesetzen der Bundesländer (zunächst) die Kosten der Beerdigung tragen.
Nach § 1966 BGB kann gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben ein Recht erst dann geltend gemacht werden, nachdem vom Nachlassgericht festgestellt wurde, dass ein anderer Erbe nicht vorhanden ist.
Entscheidend wohl hier, da Ihre Tante mittellos war: Der Fiskus kann - wie grundsätzlich jeder Erbe - die Haftung auf den Nachlass beschränken. Das führt im Ergebnis dann dazu, dass Sie die verauslagten Beerdigungskosten dann nicht von ihm erlangen können.

 

Kurt B.: "Meine Stiefmutter und mein Vater haben der Nichte meiner Stiefmutter eine Betreuungsvollmacht unterschrieben. Meine Stiefmutter ist gestorben, mein Vater ging ins Altersheim, wo er jetzt auch verstorben ist. Die Nichte hat nun bei der Bank, Friedhofsverwaltung und im Altersheim angegeben, dass es keine Nachkommen gibt. Nun habe ich als einziger leiblicher Sohn einen Erbschein beantragt und auch bekommen. Daraufhin bekam ich von der Bank die Kontoauszüge der vergangenen beiden Jahre. Die Nichte hat als Betreuerin alle Konten leergeräumt und auf ihr eigenes Konto so zirka 70.000 Euro überwiesen. Ich bin blind und 100 Prozent schwerbehindert und ich kann mir keinen Anwalt leisten. Auf Post reagiert die Nichte nicht. Ich wäre für einen Rat sehr dankbar."


Markus Kühn: Die Nichte war als Bevollmächtigte Ihrem Vater auskunfts- und rechenschaftspflichtig. Diese Rechte stehen nun Ihnen als Alleinerbe zu. Wenn sie die Vollmacht missbraucht hat, um Gelder Ihres Vaters für sich statt für dessen Belange abzuzweigen, stehen Ihnen auch Herausgabe- und Regressansprüche zu. Auf jeden Fall sollten Sie die Vollmacht sicherheitshalber sofort widerrufen und zurückverlangen. Auch könnten Sie eine Strafanzeige in Erwägung ziehen. In Betracht kommen hier insbesondere die Straftatbestände Untreue, Unterschlagung und Betrug. Sie können die Anzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft erstatten. Beachten Sie dazu, dass das Antragsrecht gegebenenfalls drei Monate nach Kenntniserlangung von der Tat erlöschen kann.
Sie sollten aber auf jeden Fall auch umgehend anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Wenn Sie die Kosten für die Beratung und Vertretung des Rechtsanwalts nicht aufbringen können, gibt es die Möglichkeit, die sogenannte Beratungshilfe für die Wahrnehmung von Rechten im außergerichtlichen Bereich beziehungsweise die Prozesskostenhilfe für gerichtliche Verfahren zu beantragen. Den Antrag auf Beratungshilfe müssen Sie beim Amtsgericht Ihres Wohnsitzes stellen. Bei der Beantragung müssen Sie unter anderem Ihre Einkommenssituation und Ihren Beratungsbedarf substantiiert darlegen.

 

Marianne S.: "Mein Mann wurde als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Im Testament gibt es drei Erben (1/4 der uneheliche Sohn, 1/4 eine Verwandte der bereits verstorbenen Ehefrau und 1/2 eine Nichte des Verstorbenen). Der uneheliche Sohn hatte keinen Kontakt zu seinem Vater. Nun fordert er einen Pflichtteil (1/2) ein.
Meine Frage: Wie soll mein Mann das Erbe aufteilen, wenn sich die Erben gütlich einigen (ohne Gericht) und wie kann er sich absichern, dass keine Nachforderungen geltend gemacht werden. Ich wäre sehr dankbar für einen guten Rat."


Markus Kühn: Zunächst einmal fällt das Amt des Testamentsvollstreckers nicht automatisch mit dem Erbfall an, sondern muss erst durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht angenommen werden. Ihr Mann ist also rechtlich nicht verpflichtet, das Testamentsvollstreckeramt zu übernehmen. Da der uneheliche Sohn durch das Testament wohl weniger als seinen Pflichtteil erhielt, konnte er seinen Erbteil ausschlagen und dafür den Pflichtteil verlangen. Auch wenn Ihr Mann das Amt des Testamentsvollstreckers annimmt, kann aber ein Pflichtteilsanspruch gem. § 2213 BGB nur gegen die Erben, nicht gegen den Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden. Der Testamentsvollstrecker kann gegen den Willen der Erben eine Pflichtteilsforderung nicht mit Wirkung gegen die Erben anerkennen. Er muss auch dem Sohn insoweit keine Auskünfte erteilen. Da nur die Erben oder ein Vermächtnisnehmer Schadensersatzansprüche gegen den Testamentsvollstrecker geltend machen könnten, sollte sich ihr Mann daher von den beiden verbliebenen Erben schriftlich bestätigen lassen, dass sie der Auszahlung einesgg Geldbetrages in Höhe des Pflichtteilsanspruchs zustimmen. Nach dieser Zustimmung haben die Erben insoweit keinen Schadensersatzanspruch mehr gegen den Testamentsvollstrecker. Wenn Ihr Mann dann hinsichtlich der Auseinandersetzung des Nachlasses mit den beiden Erben einen Auseinandersetzungsvertrag schließt, in dem die Verteilung des Nachlasses entsprechend deren Wünschen erfolgt, kann Ihr Mann Haftungsansprüche weitgehend ausschließen. Dazu sollte im Vertrag auch ein Haftungsverzicht oder eine ausdrückliche Entlastung des Testamentsvollstreckers aufgenommen werden.

 

Maria S.:"Ich habe 1980 meinem Bruder 70.000 Euro geliehen, wovon er eine Immobilie gekauft hat und diese gewerblich nutzt. Leider haben wir nichts Schriftliches fetsgehalten. Ab 2002 hat er mir monatliche Rückzahlungen geleistet. Doch jetzt kommt nichts mehr. Mich würde nun interessieren wie hoch man den Zinsesatz ansetzen muss. Mein Bruder meinte, einen Zinseszins gibt es zwischen Privatpersonen nicht."


Markus Kühn: Ein Darlehensvertrag beeinhaltet in der Regel die Verpflichtung des Darlehensnehmers, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen. Allerdings haben Sie keinen schriftlichen Vertrag geschlossen, was unter Privatpersonen zwar auch nicht Wirksamkeitsvoraussetzung ist, aber zur Rechtssicherheit und Beweisbarkeit der vereinbarten Darlehensbedingungen sehr nützlich gewesen wäre. Ist ein bestimmter Zinssatz nicht vereinbart, gilt der gesetzliche Zinssatz von 4% pro Jahr. Haben Sie keine Fälligkeit für die Rückzahlung bestimmt, so können Sie mit einer Frist von drei Monaten kündigen.
Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit Ihrem Bruder müssten Sie allerdings zunächst einmal den Abschluss des Darlehensvertrages und den von Ihnen behaupteten Inhalt beweisen. Ihr Bruder könnte bspw. entgegenhalten, dass Sie ihm das Geld geschenkt hätten und er ab 2002 aus freien Stücken etwas zurückgezahlt hätte. Gelänge Ihnen der Beweis eines Darlehensvertrages, müsste hingegen Ihr Bruder beweisen, dass entgegen dem gesetzlichen Regelbild ein unverzinsliches Darlehen vereinbart wurde. Gegebenenfalls könnte er auch Verjährung einwenden.

 

Monika A.:„Ich habe massive familiäre Probleme, aufgrund derer ich von meinem altersdementen Vater meinen Pflichtteil verlangen möchte, nachdem meine Mutter im Juli 2009 verstorben ist. Da meine finanziellen Möglichkeiten sehr begrenzt sind und ich mir keinen Anwalt leisten kann, wüsste ich gern, ob es eine Art Prozesskostenhilfe oder sonstige Unterstützung für solche Fälle gibt."



Markus Kühn: Wenn Sie von Ihrer Mutter enterbt wurden, diese also vielleicht Ihren Vater als Alleinerben eingesetzt hat, können Sie von dem oder den Erben den Pflichtteil, also die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, fordern. Wie Ihnen bereits bekannt, haben Sie dafür drei Jahre Zeit. Um den Anspruch geltend machen zu können, stehen Ihnen überdies Auskunftsansprüche gegen den Erben unter anderem über den Bestand des Nachlasses und ausgleichungspflichtige Zuwendungen zu. Wenn Ihr Vater auf – gegebenenfalls durch einen Anwalt - außergerichtlich geltend gemachte Auskunfts- und Pflichtteilszahlungsansprüche nicht reagiert, müssten Sie Ihren Anspruch gerichtlich durchsetzen.

Damit niemand aus finanzieller Not auf seine Rechte verzichten muss, gibt es als eine Sonderform der Sozialhilfe die Prozesskostenhilfe (PKH). Diese erhält jede Person, die die Kosten einer Prozessführung nicht (vollständig) aufbringen kann. Zunächst ist aber eigenes Einkommen und Vermögen einzusetzen. Die PKH wird überdies nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg bietet. Sie übernimmt je nach einzusetzendem Einkommen voll oder teilweise den eigenen Beitrag zu den Gerichtskosten und den Kosten des eigenen Rechtsanwaltes. Wird der Prozess verloren, muss der Antragsteller aber die Kosten der gegnerischen Partei, also insbesondere deren Anwaltskosten bezahlen. Die PKH muss beim Prozessgericht mittels eines Formulars beantragt werden, dass Sie auch im Internet finden. In dem Antrag ist der Streit unter Angabe der Beweismittel darzustellen und eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege sind beizufügen. Sie kann auch zusammen mit einer Klage beantragt werden. Über die Gewährung der PKH entscheidet dann das Gericht.

 

Hinweis:

Das deutsche Recht ist komplex. Die geschilderten Texte bieten nur einen ersten Einblick. Für spezifische Fällle und individuelle Situationen ist eine genaue Betrachtung und eine rechtliche Beratung empfehlenswert.


Rechtsanwalt Kühn steht Ihnen als erfahrener Erbrechtler gerne für Ihre Fragen und Anliegen zur Verfügung.

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